Freitag, Oktober 16, 2015

Las Vegas Sommer 2015 ...das Main-Event (Teil 3)

Teil 1:     pottis-poker-blog.blogspot.de/2015/10/nach-einer-gut-3-monatigen.html

Teil 2:     pottis-poker-blog.blogspot.de/2015/10/las-vegas-sommer-2015-das-main-event.html

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In die zweite Pause des zweiten Tages beim Main-Event der Pokerweltmeisterschaft ging ich also nicht nur mit knapp 80.000 Chips und somit ordentlich über Durchschnitt, sondern auch mit reichlich Euphorie und viel Elan. Alles passte! Ich fühlte mich absolut top, hatte wie gesagt ordentlich Munition vor mir stehen und am Tisch hatte ich alles unter Kontrolle. Zumindest hatte ich auf jeden einzelnen Gegner ein gutes und recht klares Bild über dessen Spielweise.
War ich vor Beginn des Main-Events einigermaßen zuversichtlich, dass ich mein Minimalziel “Erreichen des Preisgeldes“ erreichen würde, so war ich mir zum jetzigen Zeitpunkt sogar ziemlich sicher dieses Ziel zu erreichen. Natürlich war mir bewußt, dass nur eine einzelne Hand, z.B. KK vs. AA oder gar "set over set" am Flop, einen herben Rückschlag oder gar das direkte Aus bedeuten könnte, aber dies verdrängte ich.

Nach einer Zigarette und dem üblichen Toilettengang (zur Sicherheit und um ja keine Hände zu verpassen) ging es also zurück an den Tisch. Und es dauerte keine drei Minuten, bis der frei gewordene Platz Nr. 1 neu besetzt wurde. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob alle meine Gegner sofort erkannten, wer sich da zu uns neu an den Tisch gesellte, aber ich erkannte ihn natürlich sofort. Es war einer der gefürchtetsten Online-Spieler überhaupt…Randy Lew, in der Szene nur als “Nanonoko“ bekannt. Ein junger Amerikaner asiatischer Herkunft, der nicht nur einen Guinness Weltrekord hält mit knapp 24.000 gespielten Händen in 8 Stunden (!), sondern der trotz seines jungen Alters auch bereits in den PokerStars VIP Club Hall of Hame aufgenommen wurde. Eine Legende! Online hat er bereits mehrere Millionen Dollar gewonnen. 

NANONOKO bei der "Arbeit "
Hier eine nette Dokumentation über die Online-Legende Nanonoko:
https://www.youtube.com/watch?v=2QzhQIOFNhU
 

Er kam mit ca. 35.000 Chips an den Tisch und er saß noch nicht einmal richtig auf seinem Platz, als er UTG+1 raiste. Ich glaube er hat sogar nicht mal in seine Karten geschaut. Alle passten und er kassierte Blinds und Antes ab. UTG dann das gleiche Spiel. Dieses Mal schaute er in seine Karten, raiste und bekam zur verspäteten Begrüßung von Platz 3 gleich ein Reraise um die Ohren gehauen. Aber das juckte ihn nicht und er ging nochmals drüber. Sein Gegner passte daraufhin. NANONOKO saß also gerade einmal 5 Minuten am Tisch und eines war bereits klar: Wir hatten einen neuen Sheriff am Tisch! Die gesamte Situation und Tischdynamik veränderte sich mit seiner Ankunft. Innerhalb von nicht einmal einer Stunde konnte er seinen Stack von 35.000 auf ca. 60.000 ausbauen, ohne einmal seine Karten am River zeigen zu müssen. Er bekam keine Gegenwehr.

Ich hatte im Übrigen drei kleinere Duelle gegen ihn, die jedoch allesamt für ihn ausgingen. Einmal suckte er mich am Flop aus, als ich mit AK aus früher Position erhöhte und er am Cutoff callte. Der Flop kam JTx und ich check/callte ihn am Flop. Am Turn wie River checkten wir durch und er zeigte AJ. Die anderen beiden Male callte ich sein Raise vor dem Flop in Position, musste aber jeweils auf eine Folgebet von ihm passen, da ich das Board komplett verfehlt hatte. Wie gesagt…alles, was die beiden Level zuvor so schön gemütlich war, war nun anders. Wenn vor ihm keiner den Pot eröffnet hatte, dann erhöhte er von mittlerer Position aus (oder noch weiter hinten sitzend) zu 100%! Und keiner traute sich irgendwie ihm Contra zu geben…mich eingeschlossen. Einfach zuviel Angst einen Riesenpott zu spielen und dabei ggfs. das Ausscheiden zu riskieren. 

Für mich kam es jedoch noch schlimmer. Zunächst doppelte ich den Shortie, den ich bereits im ersten Level mit Chips versorgt hatte, nochmalig auf. Dieses Mal hatte ich die beiden Overcards (AQ) und er das mittlere Paar (9er). Das Board brachte keine Hilfe für mich und das Vergnügen kostete mich dieses Mal knapp 8.000 Chips. Eine weitere Hand war jedoch noch kostspieliger!

Ich saß im Small Blind und endlich einmal schien Nanonoko eine Hand gefunden zu haben, die schlecht genug war, dass selbst er sie nicht spielen konnte. Alle andere passten ebenfalls und ich war bereits in Lauerstellung den Big Blind anzugreifen, als auf einmal Doug vom Button aus mit einem Raise aufwachte! Mein erster Gedanke war, dass Doug hier auf einem Steal aus war. Denn ebenso wie ich hatte auch Doug seit mindestens drei Runden keinen einzigen Pot mehr gewonnen. Ich schaute in meine Hand und fand A7 von Pik. Man kann gegen einen tighten Spieler hier durchaus mal passen oder gfs. auch mal mitgehen um den Flop zu schauen. Da ich aber wie gesagt der festen Überzeugung war, dass Doug hier die Blinds/Antes klauen wollte, ging ich mit einer Erhöhung drüber. Der Big Blind hielt sich raus und nach kurzem Überlegen callte Doug. Der Flop kam gut! A86 mit einem Pik. Ein starkes As gab ich ihm nicht und da ich ihn mit einer Contibet allerdings auch nicht verlieren und es ein wenig tricky spielen wollte, andererseits aber auch keinen zu großen Pot gegen ihn spielen wollte mit lediglich einer mittelstarken Hand, checkte ich zu ihm. Er setzte! OK…das konnte alles bedeuten und natürlich callte ich ihn. Turnkarte dann Pik Dame. Die Karte konnte definitiv nicht schlecht sein für mich. Zum einen hatte ich jetzt neben dem Paar Asse zusätzlich noch den Nutflush-Draw, zum anderen  könnte er jetzt sehr wohl auch ein Paar haben und behind checken. Ich checkte also ein zweites Mal. Aber Doug dachte nicht daran, behind zu checken. Er setzt erneut knapp 2/3 des Pots. Hm…was konnte er haben? A8 und er hatte voll getroffen? War er vielleicht auf einem Vollbluff und sah seine einzige Chance darin mich rauszudrücken? Zumindest hatte ich ja für Plan B immer noch meinen Nutflush-Draw. Ich ging also nochmals mit. Riverkarte dann Kreuz Bube und ich checkte ein drittes Mal. Doug wühlte in seinen Chips und setzte auch am River…wieder 2/3 des Pots! Verdammte Scheiße! Was tun?

Ich schaute meinen Sitznachbarn jetzt mehrere Minuten an und merkte, wie nervös er war. Von Sekunde zu Sekunde wurde er unentspannter. War dies ein Indiz dafür, dass er bluffte? Es fielen mir die Worte von George Danzer ein, der vor Beginn von Tag 2 auf meine Gegnerliste schaute und nur einen einzigen Namen kannte. Es war der von Doug, mit dem er 2010 zusammen an einem Final Table in Las Vegas saß. George sagte, dass Doug nie blufft und er es wirklich immer (!) hat, wenn er dreimal durchfeuert! Andererseits hatte ich Doug vor knapp 3 Stunden einen Riesenbluff ausfahren sehen, was ihn richtig Chips gekostet hatte. Auch da hatte er dreimal durchgeballert. Ich schaute ihn mir nochmals an…und machte dann den Call.
Doug zeigte mir ein Set Sechser! Verdammter Mist…wieso musste er gerade jetzt sein Set treffen? Ausgerechnet gegen mich! Gott sei Dank war das Level kurz danach vorbei. In den zwei Stunden hatte ich knapp die Hälfte meines Stacks verballert. Das war die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht war, dass ich das vorletzte Level des zweiten Tages erreicht hatte und immer noch 40.000 Chips vor mit stehen hatte, was umgerechnet immer noch 40 Big Blinds waren. Also längst kein Grund zur Panik und immer noch sehr gut zu spielen.

Die Pause tat in jedem Fall sehr gut. Jetzt nur noch zwei Level überstehen! Dann würde es in Tag drei gehen…der Tag, an dem es ins Preisgeld geht. Immerhin 15.000$ für den Mincash. Und ich hätte sogar noch einen Ruhetag, an dem ich mich nochmals ein wenig entspannen und den Akku abermals randvoll laden könnte.

Das vierte Level des Tages ist eigentlich recht schnell erzählt. In den gesamten zwei Stunden habe ich glaube ich zwei Hände gespielt. Einmal mit AK geraised, aber nach dem Flop aufgegeben, als abermals nur kleine Karte kamen. AK war somit definitiv die Hand, die mich bislang mit Abstand die meisten Chips gekostet hatte im Turnier. Ich hatte AK bislang so um die 10 Mal und habe lediglich einen kleinen Pot mit Anna Kournikova einstreichen können. Mit Königen konnte ich dann zumindest noch einen Pot einstreichen, nachdem vor mir jemand geraised hatte und ich gereraised sowie nach einem trockenen Flop auch nochmals gesetzt habe.

Skeptisch, aber dennoch voller Hoffnung, ging es in das letzte Level des Tages! 
Mit etwas über 30.000 Chips ging ich somit in das letzte zu spielende Level von Tag 2. Immerhin noch 25 Big Blinds. Zwar bekam ich angesichts der immer weniger werdenden Chips noch nicht wirklich Angst, geschweige denn war ich ansatzweise davor die Geduld zu verlieren…aber dennoch wurde der Wunsch immer größer, dass endlich mal die eine oder andere sehr gute Starthand oder eben optimale Konstellation kommt um meinen Stack wieder dorthin zu bringen, wo er ein paar Stunden zuvor bereits war. Immerhin hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt - nach gespielten 18 Nettostunden - immer noch nicht die Asse als Starthand erhalten. Statistisch betrachtet waren sie mehr als überfällig. Zudem hatte ich an den zwei Tagen noch keinen einzigen Flush gemacht und lediglich eine einzige Straße(!) in Level 2 von Tag eins. Nun war es höchste Zeit für ein paar gute Hände und/oder ein paar gute Boards!

Aber ich blieb komplett kartentot. 82, 93, J4…und das in Serie…über eine Stunde lang nicht eine ansatzweise spielbare Hand. Bei kleineren Turnieren oder im Cashgame habe ich damit überhaupt kein Problem. Ich habe Geduld ohne Ende. Aber ich saß hier bei der Pokerweltmeisterschaft, das Eis wurde so langsam dünn und ich wollte partout meinen Platz nicht räumen! Ich erwischte mich zu diesem Zeitpunkt auch zusehends mit dem Blick auf die Turnieruhr, die unendlich langsam heruntertickte. Noch waren es mehr als eine Stunde bis zum Ende von Tag 2. Und mittlerweile tat es jedes Mal verdammt weh, wenn die Blinds wieder um die Ecke kamen. 1.200 für den Big Blind und 600 für den kleinen Blind. Zudem in jeder Hand 200 Ante. Jede einzelne Runde kostete 3.600 Chips. Ich habe noch in Erinnerung, dass ich irgendwann nach so einer Stunde in diesem Level mit KQ von Herz das Raise eines Spielers aus vorderer Position in hinterer Position callte, hinter mir aber der Small Blind All-In ging. Der Open-Raiser ging raus und ich war kurz davor zu callen. Ich passte dann aber doch nach 2 Minuten des Überlegens…einfach zu viel Muffe. Mittlerweile war ich runter auf ca. 16.000 Chips und es waren noch ca. 45 Minuten zu spielen.

Dann raiste Nanonoko, der mittlerweile auch wieder auf den Boden der Tatsachen angekommen war und nicht mehr jede Hand kampflos gewann, und Doug im Small Blind callte. Ich schaute in meine erste Karte und es war ein As! Lieber Gott…lass die zweite Karte jetzt bitte mindestens ein König sein, flehte ich höhere Mächte an. Dann würde ich reinstellen. Ich machte ganz langsam auf und es war ein weiteres As…Yesssss! Jetzt noch einmal ein kleines Reraise auszupacken, war irgendwie zu offensichtlich, dachte ich mir, und beide würden sicher sofort erkennen, dass ich Kings oder Asse halten würde. Ein bisschen Hollywood und dann die ganze Marie rein! Das erste Mal war ich für mein Turnierleben All-In und ich merkte, wie das Adrenalin durch meinen Körper schoss. Beide Gegner passten jedoch schneller als ich gucken konnte. Das war OK...besser als ausscheiden. Immerhin war ich jetzt wieder bei knapp über 23.000 Chips und fast 20 Big Blinds.
Ein weiterer Blick auf die Turnieruhr. Immer noch mehr als eine halbe Stunde zu spielen. Ich rechnete bereits durch. Ich würde mindestens noch einmal, vermutlich aber eher zweimal durch die Blinds müssen. Wenn ich keine einzige Hand mehr spielen würde, dann würde ich ca. 14.000 oder 15.000 Chips eintüten, was am übernächsten Tag bei Blinds von 800/1600/200 zwar nur knapp 10 Big Blinds wären, aber dafür immerhin noch alle Träume aufrecht erhalten würde. 

Die Turnieruhr zeigte ziemlich genau 25 noch zu spielende Minuten an, als ich das nächste Mal in den Big Blind musste. In den vorderen Positionen passten alle, aber nun erhöhte der Spieler auf Platz 9. Jason Mann, ein US-Amerikaner, der mit Sicherheit der tighteste Spieler am Tisch war. Prototyp für einen Betonspieler. Ich will nicht übertreiben, aber er hat den ganzen Tag über maximal 6-7 Hände gespielt. Für reichlich Staunen und Ungläubigkeit am Tisch sorgte er, als er irgendwann im vierten Level raiste und daraufhin ein Reraise von Nanonoko bekam. Er überlegte sehr lange und passte dann AK suited (!)…legte die Karten bei seinem Fold gar offen auf den Tisch! What...?

Jetzt raiste Jason auf 2.400, also ein Min-Raise. Und wenn jemand wie er raised, dann gehen natürlich bei allen Gegnern am Tisch sofort die Alarmglocken an. So war es dann auch kein Wunder, dass alle bis zu mir passten. Ich saß im Big Blind. Ich schaute in meine Hand und fand König Bube offsuit, also verschiedenfarbig. Mit seinem Raise von 2.400, meinem Big Blind (1.200), dem Small Blind (600) und den Antes (1.800) lagen bereits 6.000 Chips in der Mitte und ich musste lediglich noch 1.200 bringen um den Flop zu sehen.

Ich überlegte mir tatsächlich ernsthaft - zumindest kurzfristig - die Hand abzulegen. Es war eh meine absolute Hasshand. Und was sollte denn schon auch kommen, damit ich mich wohl fühlen konnte die Hand gegen ihn und vor allen Dingen out of position zu spielen? Aber andererseits dachte ich mir, dass ein Fold hier mathematisch einfach nicht korrekt sein konnte. Also entschied ich mich dann doch gegen mein Bauchgefühl und zahlte nach um den Flop abzunehmen. Und wer weiß, vielleicht dreht die Dealerin ja wirklich mal AQT um oder eine andere nette Konstellation?! Wenn der Flop J oder K high kommen würde, dann hatte ich mir bereits vorgenommen direkt in ihn hineinzuspielen und sofern er mitgehen sollte, dann keine weiteren Chips mehr zu investieren, wenn keine Hilfe für mich kommt und er später dann selbst anspielen sollte.

Aber es kam wieder einmal ganz anders! Als Doorcard (oberste Karte des Flops) konnte ich direkt einen Buben erkennen. Na, das war ja schon einmal verheißungsvoll. Als die Dealerin dann alle drei Karten auffächerte, traute ich meinen Augen nicht! Bube, Bube, 5…der allererste Flop in zwei Tagen, den ich wirklich frontal traf. BINGO! Jetzt war die Sachlage natürlich anders. Ich konnte nicht mehr direkt in ihn hineinspielen, da er mit Händen wie AK oder AQ vermeintlich direkt passen würde. Ich checkte zu ihm in der Hoffnung, dass er einen Versuch unternahm den Pot zu klauen. Aber leider tat er mir den Gefallen nicht und er checkte ebenfalls. Das konnte vieles bedeuten. Mit Händen wie AA, KK oder QQ hätte er vermutlich auch behind gecheckt. Hände wie TT-88 hätte er vermeintlich angespielt um sein Pocketpaar gegen potentiell höhere Karten von mir zu schützen. Kleinere Paare wie 88 schloss ich bei ihm sowieso kategorisch aus. Denn wenn er lediglich 6 oder 7 Hände den ganzen Tag über gespielt hat, dann waren eben diese kleineren Pocketpaare zu 100% nicht auf seiner Liste. So kartentot ist kein Mensch der Welt. Und da ich selbst einen König hielt, Pocket-Könige somit ebenfalls ebenfalls eher unwahrscheinlich waren, hatte ich ihn zu diesem Zeitpunkt auf zwei mögliche Hände: Entweder AA oder QQ.

Nur kein As und nur keine Dame jetzt am Turn (betete ich) und die Dealerin tat mir den Gefallen. Sie drehte eine nichts verändernde 7 um. Dazu noch offsuit…es bestand also keine Flushgefahr. Perfekt! Ich war mir zu 100% sicher, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt die bessere Hand hielt und nun galt es, den Pot ein wenig aufzubauen. Immerhin wollte ich nicht nur die Hand gewinnen, sondern ihm selbstverständlich auch ein paar Chips abnehmen. Ich setzte mit 3.500 knapp die Hälfte des Pots an. "Der Fisch biss an" und Jason callte. Er musste AA oder QQ haben! Nochmals ein letztes Stoßgebet…bitte eine kleine Karte! Als letzte Karte drehte die Dealerin dann ein 4 um. Puuuhhhh. Knapp 15.000 Chips lagen in der Mitte und ich setzte 7.000 Chips. Bitte, bitte call mich, dachte ich, als er nach kurzem Zögern dann auf einmal seinen kompletten Stack nahm und in die Mitte schob…mich All-In setzte! Er hatte ungefähr doppelt so viele Chips wie ich vor der Hand.

Oh shit! Das konnte nicht sein! Nochmals ganz neu evaluieren. Mit AA, KK oder QQ würde er nie so spielen, da das Raise am River absolut keinen Sinn machte. Kleine Paare (77, 55 oder 44) schloss ich wie oben erwähnt ebenfalls aus, denn die hätte er vor dem Flop bereits entsorgt. Es blieben also nur zwei Möglichkeiten übrig. Entweder er spielte jetzt mit meiner Angst auszuscheiden und fuhr den ersten großen Bluff des Tages aus…aber dies hielt ich auch eher unwahrscheinlich. Nicht gegen mich, denn ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt auch recht solide gespielt und wieso sollte er gerade jetzt so ein Ding auspacken, nachdem er vorher 9,5 Stunden total solide gespielt hatte? Nein, am Bluffen war er hier nicht! Somit der einzig folgerichtige Schluss: Er musste ebenfalls einen Buben haben!!! AJ offsuit gab ich ihm ebenfalls nicht, denn auch diese Hand stand selbst in mittlerer Position nicht auf seiner Starttabelle. Es musste AJ suited sein. Und da ich ja selbst einen Buben hielt und zwei in der Mitte lagen, war somit klar, dass er AJ von Karo halten musste! Mist…er hatte genau die einzig mögliche Hand, die mich jetzt schlug…es war mir so klar wie Kloßbrühe. Selbst QJ von Karo oder JT von Karo schloss ich aus, da er diese Hände vor dem Flop zu 99% entsorgt hätte. Mit seinem Raise lagen jetzt knapp 40.000 Chips in der Mitte. Wenn ich den Call machte und vorn lag, war ich mit 50K wieder richtig gut im Rennen. Wenn er mir jedoch die Hand zeigte, die ich bei ihm vermutete, dann war die Mission “WSOP 2015“ für mich hier und jetzt beendet!

Ich überlegte sehr lange. Vielleicht 5, vielleicht waren es aber auch sogar bereits 8 oder 9 Minuten. Nanonoko war, soweit ich mich recht erinnere, der einzige, der ein wenig ungeduldig wurde aufgrund der langen Wartezeit. Alle anderen am Tisch hätten es vermutlich begrüßt, wenn ich mir noch weitere 15 oder 20 Minuten Bedenkzeit genommen hätte, denn dies hätte ja bedeutet, dass sie maximal noch einmal, wenn gar kein einziges Mal durch die Blinds mussten und nahezu sicher in Tag drei waren.

Ich war mit also zu 99% sicher, dass ich auf AJ von Karo blicken würde, wenn ich den Call machte. Und ich hätte noch knapp 10.000 Chips übrig gehabt, wenn ich gepasst hätte. Wieder schaute ich in die Mitte auf die vielen Chips…knapp 40.000! Und dann machte ich den Call. Wirklich mit reichlich Magenschmerzen und gegen meinen Instinkt! Und Jason zeigte mir tatsächlich AJ von Karo! Die einzig verfickte Hand, die mich schlug. Ich war raus aus dem Turnier. Alles aus!

Die Gedanken, die mir in diesem Moment durch den Kopf gingen, kann und werde ich euch nicht im Detail ausführen. Es waren sowieso 1000 verschiedene Gedanken, die gleichzeitig durch meine Birne schossen. Aber ich kann versichern, dass es wie ein Blitz durch meinen ganzen Körper schoss. Meine Beine zitterten und ich fühlte mich einfach hundeelend! Ich war den Tränen nah…tja und um wirklich ganz ehrlich zu sein, kamen die Tränen sogar, als ich nach draußen ging. Irgendwie bin ich froh, dass George‘ Freundin Nicole zu diesem Zeitpunkt an der Rail stand und mich auf dem Weg nach draußen begleitete, mir dabei ein paar tröstende Worte spendete. Aber die Stunden nach meinem Ausscheiden waren zugegebener Maßen mit die schlimmsten, die ich seit geraumer Zeit durchmachte. Ich war einfach untröstlich.

Ein wenig Aufmunterung fand ich, als ich am Abend mit George und Jan über diese Hand sprach und beide unisono sagten, dass es ein absoluter Pflichtcall war am River in der Situation. George (er hatte ein paar Prozente an mir) sagte sogar, dass er sauer auf mich gewesen wäre, wenn ich in dieser Situation gepasst hätte. Denn mein Gegner hätte auch sehr gut QJ oder JT suited haben können. Zwei Hände, die ich ja sogar geschlagen hätte.
Pierre Neuville aus Belgien (hier mit seiner Frau). Kann der 72-Jährige im November das
Main-Event der WSOP gewinnen? Ich würde es ihm so gönnen!
 

Na ja…vielleicht greife ich im nächsten Jahr nochmals beim Main-Event an. Es hat im Nachhinein betrachtet auf jeden Fall nicht nur eine Menge Spaß gemacht, sondern es war eine unheimlich tolle Erfahrung. Und wenn Anfang November in Las Vegas der Final Table stattfindet, dann könnt ihr sicher sein, dass bei mir sicher nochmals alte Erinnerungen wach werden und sicher auch nochmals ein wenig Wehmut aufkommt. Vollkommen ist die Wunde nämlich auch heute noch nicht ausgeheilt. Aber ich werde auf jeden Fall einem guten Bekannten von mir (Pierre Neuville aus Belgien) ganz fest die Daumen drücken. Wie schön wäre es für das Poker im Allgemeinen, wenn sich ein 72-Jähriger “Pokeropa“ gegen zig Tausend junge Spieler durchsetzen und Weltmeister werden würde. Er wäre der ideale Botschafter für das Spiel. Ich hoffe zudem auch, dass ich allen, die vielleicht einmal planen beim Main-Event in Las Vegas mitzuspielen, mit diesem Beitrag auch den einen oder anderen Tipp mit auf den Weg geben konnte. In diesem Sinne allen ein gutes Blatt!


Ps.: Nanonoko erwische es übrigens 5 Minuten nach mir! Von meinem Tisch kam dann auch nur ein einziger (!) Spieler ins Geld. Es war Donald Blum, mit dem ich die knapp 10 Stunden über nicht ein einziges Duell hatte. Don könnt ihr übrigens in den ESPN-Episoden 5 und 6 am Feature Table sehen. Zusammen mit Daniel Negreanu. Don landete auf Platz 110 für knapp 47.000$. 

Donnerstag, Oktober 08, 2015

Las Vegas Sommer 2015 ...das Main-Event (Teil 2)

Nachdem ich den ersten Tag der WSOP 2015 solide mit 34.250 Chips überstanden hatte, konnte ich den anschließenden Ruhetag wirklich effektiv dazu nutzen, meinen Akku voll zu laden. Denn ich hatte vor Spieltag 1 zugegebenermaßen wirklich schlecht und recht unruhig geschlafen, was sicher auch zum allergrößten Teil der Aufregung zuzuschreiben war. Gegen Ende des Tages, also im 5. Level und nach 12 Stunden vollster Konzentration, habe ich zudem gemerkt, dass ich recht müde wurde. So ein langer Spieltag ist absolut nicht zu unterschätzen. Dies sollte und durfte mir an Tag zwei nicht wieder passieren, wenn meine Reise eben noch weiter gehen sollte und ich zumindest das Minimalziel - nämlich ins Preisgeld zu kommen - erreichen wollte. 

Ich verbrachte am freien Tag ein paar Stunden am Pool im Palms Hotel und ließ die Seele baumeln. Am frühen Abend ging ich dann nochmals rüber ins Rio um ein paar Freunde zu unterstützen, die an Spieltag 1c ins Rennen gingen. Generell würde ich übrigens allen den Tipp geben, Spieltag 1a oder 1b zu wählen, denn dieser zusätzliche freie Tag zwischendurch ist schon ganz nett und nützlich…vor allen Dingen, wenn die Mission WSOP etliche Tage dauern soll.

Abends bin ich dann recht früh ins Bett und habe dann auch wie ein junges Baby 8 Stunden tief und fest geschlafen. Morgens nach einem guten und reichhaltigen Frühstücksbuffet (8$!) in der gegenüberliegenden Gold Coast und nach einem weiteren Stündchen des Entspannens am Pool im Palms Hotel, bin ich dann zusammen mit Chris Moneymaker ins Rio Casino gefahren. Chris Moneymaker…? Ja, ich kannte Chris natürlich bereits von vielen gemeinsamen EPTLive-Kommentier-Sessions und tags zuvor hatte ich auch noch ein hartes Duell am Kickertisch gegen ihn. Im Doppel mit Suat hatte der Poker-Weltmeister von 2003 mit Dirk zusammen jedoch keine Chance gegen Suat und mich und wir haben die beiden mit 6:1, 6:1 regelrecht zerlegt.

Suat Türker (links, ehemaliger Fußball-Bundesligaspieler) und ich waren im Doppel eine Macht am Kickertisch. Auch Chris Moneymaker und Dirk mussten unsere Stärke neidlos anerkennen.
Chris fragte mich morgens am Pool, ob er mich dann später mitnehmen solle ins Rio. Er hatte ein Auto vor Ort. Und obwohl das Rio nur 500m Luftlinie vom Palms entfernt liegt, nahm ich sein Angebot natürlich gern an. Zum einen kann der lucky Charme eines Weltmeisters ja definitiv nicht schaden und zum anderen kann selbst ein Fußmarsch von nur einem halben Kilometer bei 45 Grad im Schatten schon ein wenig strapaziös sein und ein paar wichtige Körner kosten!

Viertel vor 12 Uhr kam ich dann mit Chris Moneymaker im Rio an. Schnell noch eine letzte Zigarette und dann machte ich mich auf den Weg zu meinem Platz im Brasilia room. Ich hatte dieses Mal Seat 5 bei der Auslosung erhalten…mein absoluter Lieblingsplatz am Tisch. Zum einen hat man von dort alle Spieler recht gut im Blick, aber der Hauptgrund für diesen favorisierten Platz liegt darin, dass ich hier die Boards optimal lesen kann ohne Brille. Auf Platz 2 am Vortag hatte ich speziell im letzten Level auch schon mal leichte Schwierigkeiten Kreuz von Pik zu unterscheiden und ich musste mich ab und an nach vorn beugen um die Flushgefahr am River zu erkennen (aus Gründen der Eitelkeit hatte ich meine Brille nicht immer aufgesetzt, obwohl ich sie mit hatte)!
Zudem hatte man an Tag 2 auch den Vorteil, dass man sich über seine Gegner informieren konnte. Denn irgendwann gegen Mitternacht stand die Tischauslosung für Tag zwei fest. Klar hatten die Kontrahenten die gleichen Voraussetzungen und konnten sich ebenfalls informieren. Aber bedingt durch meinen Job wusste ich natürlich, wie und wo man effektiv viele wichtige Pokerfakten über jemanden im Internet findet. Vielen Dank an dieser Stelle auch an Burkhard, der sich ebenfalls die Mühe gemacht hat, Informationen über meine 8 Gegner zu sammeln. Ab Tag zwei wird übrigens nur noch mit 9 Spielern am Tisch gespielt.
Das Ergebnis der Recherche ergab, dass ich auf der einen Seite zwar wiederum keinen der namhaften Top-Profis mit bei mir am Tisch hatte. Auf der anderen Seite war es jedoch auch etwas ernüchternd, da nur ein einziger Spieler dabei war, der vermeintlich ein lupenreiner Amateur war. Alle anderen hatten schon sehr auffällige Einträge in den diversen Datenbanken aufzuweisen und schienen aufgrund der Regelmäßigkeit an Turniererfolgen Pokerprofis zu sein.
  

Meine Gegner an Tag 2b. Mit dem Spieler im roten Shirt (Don Blum) bin ich mittlerweile befreundet und ihn könnt ihr auch bei den WSOP-Folgen 5 und 6 auf ESPN sehen, wo er mit Daniel Negreanu zusammen am Feature Table sitzt. Seine WSOP-Reise ging sehr weit! Von mir hat er jedoch keine Chips bekommen!

Auch an Tag zwei war ich zu Beginn recht angespannt und zugegebenermaßen auch ein wenig nervös, aber wie an meinem Starttag war die Nervösität abermals nach der allerersten Hand mehr oder weniger komplett gewichen. Ob es ein besonderes Omen war oder aber reiner Zufall, aber wie an Spieltag Nr. 1 bekam ich gleich in der allerersten Hand Pocket Zehner ausgeteilt und mit einem Raise konnte ich Blinds und Antes einsammeln. 
Ich merkte allerdings bereits in der ersten Stunde, dass meine Gegner wesentlich taffer waren als die von Tag eins und dass es definitiv kein Zuckerschlecken würde. Irgendwie konnte ich keinen Fisch am Tisch ausmachen und natürlich fiel mir sofort der alte Pokerspruch ein: „Wenn du keinen Fisch am ausmachen kannst, dann bist du es selbst!“. Aber dem war ganz sicher nicht so…! Ich konnte nämlich auch registrieren, dass die Gegner mir gegenüber nicht nur Respekt aufbrachten, sondern dass quasi ausnahmslos bei allen auch die Angst, aus dem Turnier auszuscheiden, eine große Rolle spielte und dies bei dem einen oder anderen quasi auch auf der Stirn geschrieben stand. Ich will mich da selbst auch gar nicht ausschließen. Hilfreich für mein Image am Tisch war sicherlich zudem, dass George Danzer ab und an vorbeischaute und mir über die Schulter schaute. Ihn kannten natürlich alle und wenn der WSOP Player of the year 2014 mit mir befreundet ist, dann musste ich offenkundig aus dem gleichen Stall kommen und ein nicht zu unterschätzender Spieler sein.
Ich bekam weiterhin solide und mittelgute Startkarten und es gelang mir recht schnell, meinen Stack auf knapp 50.000 Chips aufzubauen. Dann jedoch der erste Rückschlag! Der einzige Amateur am Tisch, der Spieler auf Platz 8, ging mit seinen letzten knapp 10.000 aus mittlerer Position Chips All-In. Die Blinds lagen im ersten Level bei 250/500 und einer Ante von 50. Er ging also mit umgerechnet knapp 20 Big Blinds All-In. Es war glaube ich sogar die allererste Hand, die der Sportsfreund an dem Tag überhaupt spielte und es waren ja immerhin bereits knapp 1,5 Stunden rum. 
Nun ja, alle anderen passten, ich saß im Big Blind und fand Pocket 7er. Mein erster Gedanke war, dass er hier ganz sicher AK oder AQ hält. Mit großen Pocket Paaren (AA, KK, QQ) hätte er hier vermutlich noch standardmäßig auf das 3-fache des Big Blinds geraised und kleine Pocketpaare (< 77) hätte er vermutlich gar nicht gespielt in seiner Situation. Er konnte natürlich auch sehr gut Paare von 88-JJ haben. Ich glaube, dass hier ein Fold mit 7ern die vermeintlich korrekte und in jedem Fall bessere Entscheidung gewesen wäre, aber irgendwie war ich wohl ein wenig zu euphorisch und ich machte den Call. Und in der Tat zeigte er mir AK…mein Bauchgefühl passte zumindest. Mein erster Coinflip der WSOP 2015, wenngleich mein Turnierleben hierbei auch nicht auf der Line stand. Aber jetzt könnte ich den ersten Spieler nach Hause schicken! Der Flop brachte jedoch sofort zwei Könige für meinen Gegner, keine Hilfe für mich am Turn wie River und ich doppelte den Kollegen auf. Ich war wieder runter auf 39.000 Chips. Anschließend konnte ich noch 2-3 Mal die Blinds aufsammeln, so dass ich mit knapp 47.000 Chips und hochzufrieden in die erste break ging.
In der Pause dann kurzes Fachsimpeln mit Jan und George, die beide ebenfalls einen guten Start in den Tag hatten, zudem ein kurzes Interview mit Jens Knossalla für den WSOP-Videoblog auf dem Youtube-Kanal bei PokerStarsDE…hier zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=Hlvk6s0PsRs

Auf ging es dann in das zweite Level. Blinds nun bei 300/600 und 75 Ante. Ich hatte umgerechnet also noch knapp 80 Big Blinds und es gab keinerlei Anlass zur Beunruhigung. Immerhin lag ich etwa im Durchschnittsbereich mit meinen Chips. In diesem zweiten Tagesintervall war ich recht kartentot und es passierte nicht sehr viel. Durch 2 Steals (Anm. für die Nicht-Pokerexperten…das bedeutet das Klauen der Blinds) konnte ich meinen Stack dennoch knapp halten, bis es kurz vor Ende des Levels folgende Hand gab.

Und diese Hand sollte alles, aber nun wirklich auch komplett alles(!), bei uns am Tisch verändern für den weiteren Verlauf des Tages. Der Spieler auf Platz 1, den ich im Übrigen für den stärksten bei uns am Tisch hielt, raiste aus mittlerer Position auf 1.500, also das 2,5-fache des Big Blinds. Hinter ihm passten alle und nur Doug im Small Blind rechts neben mir callte. Ich schaute in meine Karten und fand Pocket Queens! Doug hatte in etwa gleich viele Chips wie ich, während der Open Raiser auf Seat Nr. 1 insgesamt lediglich knapp 20.000 Chips vor sich stehen hatte vor der Hand. Ich machte nun ein Reraise auf 4.800. Doug’s Hand im Small Blind konnte normalerweise nicht sonderlich stark sein, wenn er hier nur callte und mit meiner recht hohen 3-bet wollte ich mich irgendwie binden, falls der Spieler auf Platz 1 nun All-In gehen sollte. Und genau diesen Move packte er auch aus nach kurzer Phase des Überlegens. Doug passte sehr schnell und fast genauso schnell machte ich den Call. Ich war mir fast sicher, dass er hier nicht 9er oder schlechter haben konnte und damit sein Turnierleben riskieren würde gegen jemanden wie mich, der bislang auch einigermaßen konservativ gespielt hatte. Gehofft hatte ich auf Zehner oder Buben, gerechnet irgendwie mit AK, aber natürlich hatte ich auch ganz leise Befürchtungen in Asse oder Könige zu laufen. Meine Hoffnung sowie auch mein Bauchgefühl passte dieses Mal nicht, denn er zeigte genau einer der Hände, die ich befürchtet habe und gegen die ich meilenweit hinten lag. Er zeigte mir nämlich Asse!

Und es kam noch schlimmer…nicht nur, dass er auch die beiden Spielfarben abdeckte und ich somit mit einem Zufallsflush ebenfalls nicht gewinnen konnte, sondern ich hörte Doug auch zu seinem Nachbarn zur rechten murmeln, dass er QT gefoldet habe. Ich war also auf eine einzelne Dame im Deck reduziert, wenn ich mir nicht irgendwie eine Straße basteln würde. Die Hoffnung auf eine Straße erledigte sich jedoch bereits mit dem 832 Flop. Auch am Turn nicht das erhoffte Wunder. Ich hatte das Ding bereits abgeschrieben, denn in solchen Situationen habe ich generell nie Glück. Im Geiste hatte ich mich also bereits mit dem neuen Stack von knapp unter 30.000 vertraut gemacht. Dann drehte die Dealerin die letzte Karte um…ganz langsam. Herz Dame! Diese Karte ist und war auch schon vorher meine absolute Lieblingskarte im Deck (kein Scherz!), aber noch nie zuvor war sie so effektiv für mich und so überaus schön erotisch anzuschauen wie jetzt in diesem Augenblick. Ich sah, wie mein Gegner kurz zusammenzuckte. Als wenn er an einen mit Starkstrom gefüllten Stacheldrahtzaun gepackt hätte. Er drehte sich um und verschwand ohne ein Wort zu sagen. Und natürlich kann ich seine Enttäuschung, vielleicht gar Wut, absolut nachvollziehen.

Irgendwie tat er mir sogar ein wenig leid, aber in diesem Moment war keine Zeit für Emotionen und es war mir vollkommen egal. Der Dealer brauchte in etwa 3-4 Schaufelbewegungen, bis er mir den Riesenpot zugeschoben hatte und ich danach etwa 5 Minuten, bis ich mit leicht zittriger Hand alle Chips auf 20er Einheiten aufgestackt hatte.  Ich hatte nun knapp 80.000 Chips vor mir stehen und lag mit umgerechnet ca. 130 Big Blinds nicht nur nett über Average, sondern fühlte mich auch absolut top. Körperlich sowie mental. Alles passte und ich war bei uns am Tisch zudem Chipleader zu dieser Phase.
Das wirklich einzige Problem, was ich hatte, war ein reines Luxusproblem. Da mein eliminierter Gegner kurz vor seinem Exitus einige kleine Pötte gewonnen hatte und ich ebenso, hatte ich nach diesem Duell gegen ihn geschätzt fast 80% aller schwarzen (100er) sowie grünen Chips (25er) vom ganzen Tisch vor mir stehen. Es war ein Riesenberg an Chips, der es mir temporär massiv erschwerte, ja sogar fast unmöglich machte, meine beiden Holecards anzuschauen. Ich ärgere mich wirklich sehr, dass ich von dieser Situation kein Foto gemacht habe. Aber dieses Problem war dann auch relativ schnell wieder gelöst, denn in den letzten 10 Minuten des Levels fungierte ich quasi als “Bank of Scotland“ und musste links wie rechts viele größere Chipeinheiten in kleinere umtauschen, damit meine Gegner die Blinds oder Ante legen konnten.
In die Pause ging ich dann nicht nur mit absoluter Toplaune sowie reichlich Euphorie, sondern auch mit 77.000 Chips. Jetzt fragt ihr euch sicherlich, wieso diese beschriebene Hand denn alles am Tisch verändert hat für den Rest des Tages.


PokerStars Team Online-Pro Randy "Nanonoko" Lew gesellte sich ab Level 3 zu uns an den Tisch und mit seinem Erscheinen sollte sich alles verändern. 
Die Antwort ist ganz einfach. Nach der Pause saß nämlich ein neuer Spieler auf dem frei gewordenen Seat Nr. 1. Es war kein geringerer als der US-amerikanische Online-Superstar Randy “nanonoko“ Lew aus dem Team PokerStars-Pro. Wie ich mit ihm sowie mit meiner neuen Rolle als Chipleader am Tisch zu recht kam, dass erfahrt ihr in Teil 3 dieses WSOP-Blogs. Stay tuned…

Donnerstag, Oktober 01, 2015

Las Vegas Sommer 2015 ...das Main-Event

Nach einer gut 3-monatigen Sommerschreibpause geht es nun wieder weiter mit regelmäßigen Blogeinträgen. Sicherlich dann auch bald wieder mit weiteren alten Las Vegas-Storys, aber beginnen möchte ich zunächst mit aktuellen Geschehnissen. Heute starte ich mit einem Bericht von der diesjährigen Pokerweltmeisterschaft aus Las Vegas.

Gute zwei Wochen war ich im Juli in Vegas. In der Stadt, in der ich in den 90ern mehrere Jahre meines Lebens verbracht habe und die ich definitiv zu meiner zweiten Heimat zähle. Es war ein sehr aufregender sowie kurzweiliger Trip und es verging quasi kein einziger Tag, an dem nicht irgendetwas Besonderes passiert ist. Und da wirklich so viel zu erzählen ist, werde ich die Berichterstattung in mehrere Teile aufteilen. Vermutlich werden es drei separate Blogeinträge, vielleicht sogar vier.

Anfangen möchte ich heute mit meinem sportlichen Abschneiden. Und um es mal knallhart auf den Punkt zu bringen: Es war eine Vollkatastrophe!!! 5 Turniere habe ich gespielt und 5 Mal habe ich nicht gecashed… der absolute SUPERGAU! 10.890 $ an Investments … 0 $ Return!

Ich will hier auch ganz bestimmt nichts beschönigen und schon längst nicht rumweinen, aber wenn man etwas genauer hinschaut, so kann man unterm Strich schon von ein wenig Pech bzw. unglücklichen Verläufen sprechen. Denn bei allen 5 Turnierteilnahmen konnte ich mindestens 70% der Konkurrenz hinter mir lassen. Tja…um dann halt dennoch kein einziges Mal im Preisgeld zu landen! Kleine Info für Nicht-Pokerexperten: Bei Turnieren kommen in etwa 10-15% der Teilnehmer ins Preisgeld.

Anbei meine Ergebnisse im Detail:
Daily 235$ im Rio am 2.7.  à  ca. 1.000 Teilnehmer à Platz 200 (110 Plätze wurden bezahlt)
Daily 235$ im Rio am 3.7.  à  ca. 1.100 Teilnehmer à Platz 320 (124 bezahlte Plätze)
Main-Event der WSOP (10.000$) à 6.420 Teilnehmer à ca. Platz 1.850 (1.000 Spieler im Geld)
Daily 235$ im Rio am 9.7.  à  ca. 800 Teilnehmer à Platz 150 (88 Plätze bezahlt)
Daily 185$ im Rio am 11.7.  à  ca. 90 Teilnehmer à Platz 20 (10 Plätze bezahlt)
Nur einer der vier großen Turnierräume...und alle knüppelvoll!
Mit einzelnen Händen, die in den diversen Turnieren zu meinem Ausscheiden geführt haben, werde ich euch hier nicht quälen, keine Sorge. Aber die Teilnahme am Main-Event möchte ich schon ein wenig im Detail schildern. Ich denke, dass auch der eine oder andere von euch es sich vielleicht als Ziel gesetzt hat, irgendwann einmal bei diesem Turnier mitzuspielen und eventuell kann ich ja auch den einen oder anderen nützlichen Tipp geben.

Ich hatte im Vorfeld mit sehr vielen Pokerspielern, die das Turnier bereits gespielt haben, über dieses Main-Event der Pokerweltmeisterschaften gesprochen. Und ich habe wirklich von allen ausnahmslos nur Positives gehört. Jeder Einzelne hat von der grandiosen Struktur geschwärmt und von den meisten wird dieses Megaturnier als das mit Abstand Beste und Fairste des ganzen Jahres bezeichnet. Und somit bin ich mit recht hohen Erwartungen und großen Hoffnungen über den großen Teich geflogen. Die Struktur sollte meiner recht konservativen und eher zurückhaltenden Spielweise auf jeden Fall zugeschnitten sein. Und um es mal gleich vorweg zu sagen…meine Erwartungen bzw. Hoffnungen sind nicht nur bestätigt, sondern noch bei weitem übertroffen worden. Die Struktur ist so unfassbar gut und fair für die Spieler, dass es mir phasenweise fast schon ein wenig too much war…aber dazu dann später mehr.

Für die Nicht-Pokerexperten unter den Lesern:
Bei diesem Hauptturnier der Poker-WM zahlt jeder der Teilnehmer 10.000$ Startgebühr (mitspielen kann übrigens wirklich jeder!) und man erhält dafür 30.000 Turnierchips. Jedes Jahr nehmen zwischen 6.000 und 8.000 Akteure an diesem Event teil und sorgen damit für einen Gesamtpreispool in Höhe von ca. 60-80 Millionen Dollar. Es ist somit Jahr für Jahr das größte einzelne Sportevent der Welt…zumindest was das Preisgeld betrifft. 

Mein erster Start beim Main-Event der WSOP 
Nicht ganz unwichtig ist natürlich die Auslosung zu Beginn. Ich hatte zumindest in der Hinsicht Glück, als dass ich keinen einzigen meiner Gegner kannte und eben keinen der absoluten Mega-Topprofis mit am Table sitzen hatte. 8 US-Amerikaner sowie einen Niederländer bekam ich zu mir an den Tisch gelost. Natürlich war ich anfangs mächtig aufgeregt, aber diese legte sich Gott sei Dank sehr schnell, weil ich gleich in der allerersten Hand Pocket-Zehner ausgeteilt bekam, einen Raise machte und keiner meiner Gegner callte. (Pocket Tens in der allerersten Hand des Main-Events? Ups...da war doch was! Ich hatte in dem Moment nicht daran gedacht, aber für diesen Sportsfreund war vor einigen Jahren mit Pocket Zehnern bereits in der ersten Hand des WSOP Main-Events Endstation ... siehe hier: https://www.youtube.com/watch?v=sc9I7DJqRWc).
Damit war das Eis bei mir auf jeden Fall schon einmal gebrochen und meine Anfangsnervösität komplett gewichen. Zudem merkte ich gleich im ersten Level, dass die 4-5 Spieler links von mir vermeintlich keine große Gefahr bedeuten würden. Sie spielten nämlich durch die Bank recht konservativ und waren somit auch einigermaßen berechenbar. Anders hingegen die Akteure, die rechts von mir (ich saß auf Seat Nr. 2) saßen.

Fangen wir mal mit der älteren Dame auf Platz 8 an. Sie war schätzungsweise um die 70 Jahre alt. Gleich bei ihren ersten gespielten Händen stellte ich fest, dass sie nicht nur extrem aufgeregt, sondern auch definitiv kein Pokerprofi war. Zwischendurch mal Preflop-Raises um das 5-6 fache des Big Blinds, Anspielen der dreifachen Potgröße am Flop oder Turn, usw. Sie spielte im ersten Level die mit Abstand meisten Hände aller Kontrahenten und ich dachte, dass sie in dieser Phase einfach nur verhältnismäßig gute Karten bekommen würde. Als sie dann jedoch kurze Zeit später beim Bluffen erwischt wurde, änderte sich mein Bild von ihr schlagartig und ich hatte die Dame ab diesem Zeitpunkt zu meinem Opfer auserkoren. Bei ihr bzw. gegen sie würde es vermeintlich am leichtesten gelingen meinen Chipstack aufzubauen. Im zweiten Level bei Blinds von 100/200 kam dann auch schon die erste ideale Situation hierfür. Unsere Omi erhöhte aus mittlerer Position auf 700. Zwischen ihr und mir passten alle und ich fand Pocket 6er am Button. Vor dem Turnier hatte mir George Danzer als kleinen und effektiven Tipp mitgeteilt, dass man gegen loose Gegner bei einem derart großen Startingstack mit kleinen/mittleren Pärchen auch mal schön reraisen könnte um in Position spielend einen größeren Pot aufzubauen. Wenn man dann mit etwas Glück ein Set floppt, dann kann es durchaus mal richtig klingeln in der Kasse. Jetzt war hierfür der ideale Spot gekommen und ich raiste auf 1.800. Die anderen Spieler passten und “Madame sorglos“ callte wie aus der Pistole geschossen die zusätzlichen 1.100 Chips. Dann der Traumflop! T65…Set gefloppt. Ich muss an dieser Stelle mitteilen, dass es im ganzen Turnier übrigens mein einziges geflopptes Set bleiben sollte! Unsere Omi checked. Ich hätte jetzt vielleicht behind checken können um die wahre Stärke meiner Hand ein wenig zu cachieren und sie zum Bluffen zu provozieren, aber ich hatte andererseits natürlich die leise Hoffnung einen großen Pot aufzubauen, setze 1.700 Chips und betete, dass sie "beißt". Sie überlegte kurz … und passte dann! Schade! Im weiteren Verlauf des Tages hatte ich dann noch ein weiteres Duell gegen sie, dass die Omi jedoch für sich entschied. Ansonsten haben sich unsere Wege nicht geschnitten.

Wesentlich mehr Duelle jedoch hatte ich gegen den Spieler auf Platz 9. Er schien der einzige Vollprofi am Tisch zu sein. Optisch betrachtet in jedem Fall. Denn seine Spiegelsonnenbrille, seine Kopfhörer und die Art und Weise, wie er mit seinen Chips hantierte, deuteten schon sehr stark daraufhin, dass er bereits etliche Stunden in seinem Leben am Pokertisch verbracht hatte. Der Kollege ging mir von allen Konkurrenten am meisten auf den Sack, denn zum einen griff er nicht nur JEDESMAL meinen Big Blind an, wenn vorher noch keine Action war, sondern zudem bekam er durch seine Kopfhörer, über die er offenkundig sehr laute Musik hörte, auch gar nichts mit, was um ihn herum bzw. am Tisch geschah. Er musste ständig nachfragen, wie hoch die Bets waren und/oder jemand vor ihm gechecked hatte oder nicht und was überhaupt am Tisch passierte. Er ging nicht nur mir massiv auf die Nerven, sondern auch allen anderen Spielern und am liebsten wäre ich zu ihm rüber gegangen und hätte ihm seine verfickten Kopfhörer abgenommen und weggeschmissen.

Aber ich rächte mich auf andere Weise! Nachdem mich der Sportsfreund zuvor bereits 3 Mal geraised hatte, als ich im Big Blind saß, und hierbei jeweils kampflos gewann, weil ich einfach Schrotthände hatte, bekam ich nun AK im Big Blind. Und natürlich griff er mich wieder an, nachdem vorher wieder alle vor ihm gepasst hatten. Ich callte nur…wollte es ein wenig tricky spielen. Der Flop (T97) kam nun alles andere als optimal/wunschgemäß für meine Hand und ich checkte. Es überraschte mich nicht, dass er Chips in die Hand nahm und setzte. Aufgeben kam für mich zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht in Frage und ich callte. „Jetzt bitte, bitte ein Ass oder einen König“, dachte ich mir, aber der Dealer tat mir den Gefallen nicht und drehte eine 3 um. Wiederum checkte ich und hoffte nun auf einen Check seinerseits. Aber abermals griff der Typ zu seinen Chips und feuerte die zweite Salve ab. Mit einem unbehaglichen Gefühl im Magenbereich callte ich ein zweites Mal. Hier hätte man sicherlich auch getrost passen können…vielleicht auch sogar müssen. Riverkarte nun eine 6. Definitiv nicht das, was ich sehen wollte. Aber andererseits sah das Board nun schon recht gefährlich aus und dies galt ja nun eben auch für den kaugummikauenden und mir gegenüber sitzenden “Mr. Obercool“. Ich checkte ein drittes Mal und war mir recht sicher, dass er nun behind checken würde. Was er sicherlich auch wohl gemacht hätte, wenn er ein kleines Paar gehabt hätte. Selbst mit einem höheren Paar könnte er sich bei dem Board nicht sonderlich wohl fühlen.
Aber er dachte nicht daran zu checken! Er wühlte in seinen Chips und feuerte nach etwas überlegen das dritte Barrel ab. Hm…hat er vielleicht doch die 8 für die Straße? Oder will er mit seinem hohen Paar (AA-JJ) wirklich das Maximum aus mir herausquetschen? Hat er vielleicht gar ein Set? Oder will er mich einfach rausdrücken und hat kompletten Schrott? All diese Gedanken schossen durch meinen Kopf. „You want me to call?“, fragte ich ihn. Aber natürlich antwortete er nicht. Vermutlich hatte er es eh nicht gehört.

Nun…ich war zu diesem Zeitpunkt alles andere als unter Druck und selbst, wenn ich falsch liegen würde mit meiner Vermutung/Hoffnung (dass er eben blufft), hätte ich noch ausreichend Chips für den weiteren Verlauf. Ich entschloss mich zum Call. Ohne Paar…lediglich Ass hoch. Und zu meiner Freude tappte er mit seiner Hand zweimal auf den Tisch. Ein Indiz dafür, dass er nichts hatte und mir zum Call gratulierte. Er wollte jedoch meine Hand sehen und diesen Gefallen tat ich ihm sehr gern! Ich zeigte ihm AK..dreimal gecalled ohne Paar.

Dies hatte zum einen den Effekt, dass alle anderen Kollegen am Tisch nun noch mehr Respekt vor mir bekamen. Zum anderen war es der Todesstoß für „Mr. Cool“, denn von nun an lösten seine Raises definitiv keine Ängste mehr aus bei den Konkurrenten, sondern waren quasi eine Einladung für die Gegner auch mal gegen ihn zu spielen um einen Teil des Kuchens abzubekommen. Und da Mr.Cool hier auch ein wenig der Weitblick bzw. die Einsicht fehlte, mal ein wenig auf die Bremse zu treten, hatte seine “WSOP-Mission 2015“ auch bereits Mitte des dritten Levels ein abruptes Ende. Er war der erste Spieler (und übrigens auch einzige!), der an diesem ersten Tag unseren Tisch verlassen musste. Zwar hatte er seine Chips mit KK gegen die AQs (von der Omi) sogar gut reinbekommen preflop, aber das Glück war auf Seiten der Omi und sie schickte ihren Sitznachbarn mit einem getroffenen Ass am River an die Rail.

Ich hatte mittlerweile einen recht passablen Stack von knapp 50.000 Chips vor mir stehen. Das war auch in etwas das, was ich mir vor Beginn so vorgestellt und erhofft hatte für den Abend, wenn die Chips eingetütet würden. Ich hatte die Abschlussrechnung jedoch ohne meinen direkten Sitznachbarn zu Rechten gemacht. Es war ein Anwalt aus New York. Er war jordanischer Herkunft, lebte aber bereits seit Jahrzehnten in den USA. Den ganzen Tag über hatte ich mich sehr gut mit ihm verstanden und über Gott und die Welt gesprochen. Wir waren uns sympathisch und gingen uns auch spieltechnisch aus dem Wege.

Aber dennoch war er es, der mir im letzten Level des Tages noch eine recht große Schneise in meinen Stack fräste. Der Spieler links von mir raiste UTG auf 900 (die Blinds waren im letzten Level von Tag eins bei 200/400). Zwei Spieler callten und nun callte auch Herr Anwalt im Small Blind neben mir. Ich schaute in meine Hand und fand K7 suited. Mit der Ante lag schon einiges in der Mitte und somit war es auch für mich ein Pflichtcall. Ich füllte also ebenso nach und mit fünf Spielern sahen wir den Flop. Dieser kam K76 mit zwei Kreuzen. Bingo! Top two pair…jetzt könnte ich zum Abschluss nochmals einen richtig schönen Pot gewinnen. Der Rechtsverdreher aus NY rechts neben mir checkte und vermutlich hätte ich hier mal direkt in die ganze Meute reinsetzen sollen. Aber ich checkte ebenfalls und wollte erst einmal schauen, was der preflop Raiser links neben mir machen würde. Er checkte jedoch ebenso wie auch die beiden anderen in den Pot verwickelten Kontrahenten. Turnkarte war nun eine nichts verändernde Offsuit 2.
Zu meiner Überraschung setzte nun der Anwalt von vorn 3.600 Chips. Ich überlegte kurz, ob ich raisen sollte, denn immerhin war ja auch noch ein Flushdraw möglich sowie mehrere straight Optionen. Ich wollte den Pot jedoch nicht zu riesig werden lassen - immerhin kamen hinter mir ja auch noch drei weitere Spieler, dessen Hände ich nicht kannte – und entschied mich dafür nur mitzugehen. Die drei Gegner hinter mir passten nun recht zügig, so dass ich Heads-Up mit dem Anwalt war. Die Riverkarte war definitiv nicht das, was ich sehen sollte und veränderte noch einmal alles. Kreuz 5! Der Flushdraw war/wäre angekommen sowie auch eine Straße, falls er 98 angespielt haben sollte. Ich hoffte, dass er nun zweimal auf den grünen Filz tappen würde, aber der Sportsfreund tat mir diesen Gefallen nicht. Er schaute auf seine Chips runter und setzte dann 6.800 Chips.
Tja, jetzt war guter Rat teuer. Was tun? Welche Hand könnte er haben? Hatte er am Turn in vier Leute lediglich mit einem Draw hineingesetzt und dieser war jetzt angekommen? Oder versuchte er kurz vor Tagesende nochmals einen Bluff durchzuziehen? Ca. 2-3 Stunden vorher war er einmal beim Bluffen erwischt worden und diese Aktion kostete ihn viele Chips. Auch diese Sequenz war natürlich noch in meinem Kopf. Ich legte mir die Chips für den Call zu Recht und als ich ihn nochmals anschaute, sagte er zu mir: „Don’t call…I am very strong. Save your chips“.
Hm…meinte er es jetzt ernst und war ich ihm so sympathisch, dass er diese 6.500 Chips wirklich nicht von mir haben sollte? Oder hatte er wirklich gar nichts und er sah in diesem Spruch seine letzte Rettung den Pot zu gewinnen, indem ich eben passte? Letztendlich machte ich, wenn auch mit Bauchschmerzen, den Call.Es war übrigens den ganzen Tag über das einzige Mal, dass ich einen 5.000er Chip im Einsatz hatte. Der Anwalt zeigte mir ein Set 6er und gewann den Pot. Letztendlich bin ich aus der Nummer zwar sogar noch einigermaßen gut und günstig rausgekommen. Es hätte nämlich in der Tat noch schlimmer kommen können, wenn ich am Flop selbst angespielt hätte oder am Turn geraised hätte. Aber die Hand kostete auf der anderen Seite doch einiges und nachdem ich dann anschließend noch einmal durch die Blinds musste, schloss ich Tag eins des Main-Events der WSOP 2015 mit 34.250 Chips ab.

Wie es dann an Tag zwei weiterging und ob ich meine Chance/meinen Traum auf den Gewinn von 7,5 Millionen Dollar weiterhin aufrecht erhalten konnte, dass erfahrt ihr dann im nächsten Teil.
Stay tuned....  

Darf ich dich was fragen?

▪  Hi Potti, wie geht es dir? ▪  Hallo Herr Pott, Sie kennen sich doch in der Pokerszene ganz gut aus. ▪ Potti, d arf ich dich was fragen? ...