Dienstag, Oktober 02, 2007

Downswing - Detmold - London

....die letzten 4 Wochen waren recht ereignisreich und es gibt viel zu berichten. Überwiegend positive Sachen, aber auch ein paar negative Sachen.

Nachdem ich vom EPT Turnier aus Barcelona zurückgekommen bin, sind meine ersten Online-Sessions ganz ordentlich gelaufen und ich konnte ein bißchen gewinnen. Dann jedoch hatte ich eine Serie von 10 Tagen, wie ich sie bislang in meiner Pokerkarriere wirklich noch nicht erlebt habe. Es fing damit an, dass ich Online zwei Tage hintereinander jeweils 5 Buy-ins in den Sand gesetzt habe. Kommt vor, dachte ich mir, und so nahm ich mir vor zunächst mal online ein wenig Pause zu machen und stattdessen ein bißchen LIVE zu spielen und ich fuhr nach Detmold um im Pokerclub eines Bekannten meine Mini-Negativserie zu beenden und wieder neues Selbtbewußtsein zu tanken. Diese Kalkulation ging jedoch ebenfalls ganz gehörig in die Buchse, denn am besagten Abend habe ich wohl das schlechteste Poker meines Lebens gespielt. Wir haben eine Mammutsitzung gespielt (von Abends 20.oo Uhr bis in den anderen Morgen hinein um 10.oo Uhr) und ich habe trotz wirklich schwacher Konkurrenz knapp 1.300 € verloren. Zu Beginn konnte ich mich mit einigen Preflop-Raises und Folgebets/Bluffs noch einigermaßen über Wasser halten, aber ab ca. 2.oo Uhr in der Nacht war ich absolut Carddead. Keine einzige vernünftige Starthand über 6-7 Stunden hinweg. Das ist absolut frustrierend und wenn du dann 60/70 Hände nacheinander wegschmeissen musst, dann sieht QJs auf einmal wie ein Granatenblatt aus und wird dann natürlich entsprechend überspielt bzw. hohe Raises damit gecalled preflop. Irgendwann morgens um ca. 8.oo Uhr ergab sich dann folgende Hand. Eine Spielerin, die an diesem Abend einen recht guten Lauf hatte, aber generell doch viel zu loose spielt, raised in vorderer Position auf 35 € und ein weiterer Spieler hinter ihr called. Ich halte J9s und zahle ebenfalls. Die Blinds passen und wir sehen zu Dritt den Flop. Der Flop kommt J72 mit 2 Karten meiner suit. Also TOP-Paar und Flush-draw für mich! Der mit Abstand beste Flop, den ich bislang am ganzen Abend gesehen habe. Sie setzt 50 € an. ich überlege ganz kurz und erhöhe dann kräftig auf 300 €. Natürlich ein bißchen zu hoch geraised, da ich vermutlich doch nur einen Call bekomme, wenn ich zumindest zum aktuellen Zeitpunkt hinten liege. Zu meiner Überraschung oder sagen wir besser zu meinem Entsetzen called sie jedoch sofort!
Oh Gott, sie hat ein Overpair oder Minimum einen J mit einem besseren Kicker, denke ich mir. Turnkarte ist eine Lusche, also keine Veränderung der Situation. Sie checked und nun habe ich die Chance meine restlichen Chips (knapp 300 €) hineinzuballern oder mitzuchecken. Ich checke behind und will den River sehen, denn ich gehe wirklich davon aus, dass ich derzeit hinten liege. Riverkarte ist ein As (kein Flush) und nun setzt sie auf einmal 250 € an. Ich setze sie auf einen Set Aces oder zumindest AJ und kann daher nicht callen und passe. Nun zeigt sie mir jedoch ihre Hand (A7 - keinen Flushdraw am Flop) und ich kann es irgendwie nicht fassen. Ich war am Flop weit über 85%iger Favorit die Hand zu gewinnen und kann zudem natürlich überhaupt nicht verstehen, wie man (sie!) so einen schlechten Call nach dem Flop machen kann. Was solls ... "Nice Hand" sage ich ihr und fange jedoch innerlich an zu kochen. Die nächsten 90 Minuten laufe ich dann in der Tat ein bißchen auf Tilt und verliere schnell ein weiteres Buy-in, bevor dann endlich um 10.oo Uhr morgens diese Katastrophensession zu Ende geht. Nachdem ich dann erst einmal richtig ausschlafe, geht es Abends wieder Online zu Werke und es läuft weiterhin richtig pervers und ich verballere weitere 3 Buy-ins. Selbstzweifel machen sich in mir breit. Brauche ich eine Pokerpause oder was ist derzeit los ? Es läuft nichts zusammen ... ich bekomme schlechte Starthände und treffe rein gar nichts. Und wenn ich mal einen Stehlversuch unternehme, dann werde ich umgehend erwischt. Es ist einfach deprimierend. Online gehe ich dann am nächsten Tag erst einmal ein Limit runter um wieder ein bißchen EGO zu tanken und in der Tat kann ich den Tag mit 2 Buy-ins Plus abschließen und zumindest der schwarzen Serie ein Ende setzen. Ein paar Tage später fahre ich nochmalig nach Detmold um mich dort für die böse erlittene Schlappe zu revanchieren, aber auch dieses Mal kriege ich kein Bein an die Erde und verliere nochmals schlappe 1.500 € ohne wirklich eine Chance zu haben. Einmal AK über einen Zeitraum von 8 Stunden und keinen guten Flop zu erwischen ist einfach zu wenig um in die Gewinnzone zu kommen. Hiernach geht mein Downswing jedoch zu Ende und Online läuft es auf einmal wieder normal/besser und ich habe 4-5 Tage in Folge, wo ich nicht nur meine ganzen bislang im September erlittenen Verluste ausgleichen kann, sondern zudem noch mit ein bißchen Plus abschließen kann. Puuuhhh, der Kelch ist nochmal an mir vorbeigegangen.

Mit meiner Tochter habe ich im September ebenfalls einiges unternommen. Zum Geburtstag hatte sie 2 Reitstunden geschenkt bekommen und wir waren bei einem schönen Reitstall in der Nähe von Bielefeld um diese Gutscheine einzulösen. Es gefiel ihr sehr gut und auch auf dem Gaul machte sie eine recht anständige Figur, so dass wir stark am überlegen sind sie in einem Reitverein anzumelden. Ich denke wir werden dies jedoch erst im Frühjahr entscheiden. Vorletzte Woche waren wir dann im Circus Roncalli, der derzeit in Bielefeld gastiert. Es war wunderschön !!! Die Eintrittspreise sind/waren zwar recht happig, aber es war
wirklich jeden einzelnen Cent wert und ich kann es allen empfehlen diese Vorstellung zu besuchen. Wer also in Bielefeld oder Umgebung wohnt ... bis zum 7.10. ist der Circus noch in der Stadt. Besonders die Nummern mit ihrem Starclown David Larible sind mehr als sehenswert.

Einen seltenen Anruf bekam ich vor gut 2 Wochen morgens um ca. 8.oo (!) Uhr. Meine Bekannten wissen eigentlich, dass ich morgens sehr selten vor 10.oo Uhr aufstehe, aber als sowohl mein Handy als auch das Festnetztelefon gleich mehrmals hintereinander klingelte, wusste ich, dass es etwas wichtiges war und so machte ich mich halb schlaftrunken aus dem Bett auf um ans Telefon zu gehen. Es war mein Kumpel Markus, ebenfalls ein Profi-Pokerspieler, der mich informierte, dass er beim WSOOP, also der World Series of Online Poker, derzeit als Chipleader sehr gut im Rennen liegt und es waren nur noch 16 Spieler dabei. Ich also direkt den Rechner angeschmissen und mitgefiebert. Immerhin gab es knapp 80.000 $ für den Sieger. Ich fasse es mal kurz. Er erreichte den Final Table und sah auch dort lange Zeit wie der sichere Sieger aus, da er einen massiven Chip-Vorsprung hatte, aber ganz zum Schluß lief er einige Mal in ein paar fette Hände seiner Gegner und musste letztendlich mit Platz 3 zufrieden sein, was aber immer noch satte 30.000 $ einbrachte. Glückwunsch an Schleppi alias "Papapapsilon" für dieses Ergebnis. Einen 3.Platz bei einer Weltmeisterschaft holt man ja auch nicht alle Tage. Um ein Haar hätte er beim vorletzten Event dieser Online-WM, dem 1.050 $ Limit Holdem Event, nochmals fett zugeschlagen, als er auch hier in der späten Mittelphase des Turniers Chipleader war. Dann jedoch war er über 1-2 Stunden absolut carddead umd musste sich mit Platz 27 zufrieden geben. Dies spülte aber nochmalig knapp 3.000 $ in seine Pokerkasse. Markus ist übrigens ein erstklassiger Limit-Spieler, der bereits seit Jahren sehr, sehr hohe Limits spielt und Monat für Monat prächtige Gewinne einfährt. Zum Poker habe übrigens ich ihn vor etlichen Jahren gebracht!

So, letzte Woche stand dann das EPT-Turnier in London auf dem Programm und auch hierfür war ich für die Kommentierung des Live-Streams von Pokerstars eingesetzt. Ich machte mich letzten Donnerstag auf den Weg nach Dortmund, wo mein Flieger dann mittags nach London-Luton starten sollte. Alles lief reibungslos und ich landete gegen 14.oo Uhr. Über das Internet hatte ich mich ein bißchen schlau gemacht und herausgefunden, dass es das günstigste ist, wenn ich mit dem Bus weiterfahren würde. Auch diesen hatte ich relativ schnell ausfindig gemacht und so war ich bereits um 15.30 Uhr in der City von London. Für den letzten Kilometer von der Endstation des Busses bis zum Hotel - das Hilton Metropole - gönnte ich mir dann ein Taxi.

Also, mal vorweg: London ist eine richtig geile Stadt !!! Sie hat einfach ein gewisses Flair. Sehr viel Tradition. Ich habe zwar nicht allzuviel Sightseeing betrieben, habe aber zumindest einige Attraktionen besucht. So war ich direkt am ersten Abend in Madame Tussaud's Wachsfigurenkabinett. Ist schon ein recht komisches Gefühl, wenn dir auf einmal irgendwelche Figuren direkt gegenüberstehen, die dem Original total zum Verwechseln ähnlich sehen. Gerhard Schröder oder Boris Becker zum Beispiel sind echt perfekt dargestellt, aber auch einige andere. Ich kann einen Besuch dort wämstens empfehlen. Zudem war ich am Buckingham Palace, Trafalgar Square, bin ein bißchen an der Themse entlang spazieren gegangen und auch im Hyde Park an der "Speekers corner" habe ich mich wirklich köstlich amüsiert. Dort kann jeder seine Meinung über Gott und die Welt mitteilen. Man benötigt lediglich ein podestähnliches Gerät, auf das man sich stellt. Die meisten hatte eine kleine Stehleiter oder einen leeren (oder vollen) Bierkasten dabei. Und los geht es mit einem Monolog. Und fast alle haben je nach Unterhaltungswert sehr schnell eine gehörige Schar von Zuhörern um sich herum versammelt. Es waren auch einige Stand-Up Comedians dabei, die überaus lustig waren. Alles in allem eine sehr kurzweilige Sache. Tja, und dann ist natürlich auch noch der Straßenverkehr in London. Man muss sich an diesen Linksverkehr schon erst ein bißchen gewöhnen. Auch als Fußgänger ist es gar nicht so einfach und man lebt teilweise echt lebensgefährlich. So hatte ich während meiner 4 Tage gleich mehrere heikle Situationen zu überstehen. Einmal bin ich nur um Haaresbreite nicht von einem Londoner Taxifahrer aufgespießt worden. Hätte er nicht im letzten Monat noch gehupt, so wäre es defintiv um geschehen gewesen, da ich beim Überqueren der Straße schlicht und einfach in die falsche Richtung geschaut hatte.

Na ja...und gearbeitet habe ich in London natürlich auch noch ein bißchen. Im alten und ehrwürdigen Grosvenor Victoria Casino - quasi im Herzen von London. Wir sind zum Kommentieren in die äußerste Ecke des Casinos verfrachtet worden und da dieses Mal auch die Italiener und Franzosen mit im Livestream vertreten waren, saßen wir in dem kleinen Zimmer zu insgesamt 15 Personen auf ca. 10 m². 10 Kommentatoren sowie ungefähr 5 Techniker. Um uns herum wieder kilometerlanges Kabelgedöns. Dieses Mal haben Markus und ich sogar die komplette Zeit durchkommentiert und wurden nicht ein einzies Mal abgelöst, da die sontigen Co-Kommentatoren wie Benjamin Kang, Jan Heitmann, George Danzer, Michael Keiner oder Katja Thater entweder gar nicht nach London gekommen waren bzw. schon wieder abgereist waren. Wir haben es zwar einigermaßen unfallfrei über die Bühne begracht, aber hätten uns sicherlich beide gewünscht zwischendurch mal ein bißchen Pause zu haben. Gott sei Dank war durchweg gute Action und recht ordentlich Spannung gegeben, so dass die Zeit dann doch recht schnell verging.

Wie sehen die nächsten Wochen/Monate aus ? Natürlich werde ich weiterhin jede freie Stunde nutzen und viel online spielen. Habe zudem aber noch einen kleinen Zusatzauftrag reinbekommen und werde ab sofort für ein neues Pokermagazin schreiben. Erste Ausgabe wird im Dezember erscheinen. In den Artikeln wird es vorrangig über allgemeine Pokerstrategien gehen und Erlebnisberichte aus Las Vegas. Den nächsten Livestream wird es dann von den Bahamas im Januar geben. Hier werde ich dann auf dieser schönen Insel noch ein paar Tage Urlaub dranhängen. Evtl. mache ich aber vorher noch einen kleinen Sonnenurlaub in der Türkei oder so.

So, das wars für erste. Schönen Dank fürs Lesen und ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere auch mal einen Comment (Kritik - positiv oder negativ) - schreiben würde! Auch e-Mails sind natürlich jederzeit herzlich willkommen und werden selbstverständlich beantwortet ( -> martin.potti@web.de )

Gruss
Martin

Darf ich dich was fragen?

▪  Hi Potti, wie geht es dir? ▪  Hallo Herr Pott, Sie kennen sich doch in der Pokerszene ganz gut aus. ▪ Potti, d arf ich dich was fragen? ...