Dienstag, Februar 26, 2008

Poker Bad Beats

Wer viel Poker spielt, der wird auch viele Bad Beats erleiden (müssen) und ab und an auch mal einen austeilen. Wer unterm Strich erfolgreich ist bzw. sein will, der sollte langfristig in seiner Bilanz auf jeden Fall ein Vielfaches mehr an erlittenen Bad Beats gegenüber den ausgeteilten ausweisen können. Ansonsten sehe ich schwarz!
Natürlich werde auch ich immer wieder von Pokerspielern angesprochen und muß mir die eine oder andere Story anhören. Meistens weiß ich schon nach den ersten 2 Sätzen, wie die Turn und anschließend die Riverkarte aussehen und eigentlich könnte ich in 90% der Fälle die Story auch bereits selbst zu Ende erzählen. Aber anstandshalber hört man sich die Geschichte(n) dann doch noch bis zum Schluß an und zeigt Verständnis. Geteiltes Leid ist nun mal halbes Leid.In all den Jahren, die ich nun bereits Poker spiele - bin 1987 mit diesem Teufelsspiel zum ersten mal in Kontakt gekommen - habe ich unter Garantie eine höhere 3-stellige Zahl an 1- u. 2-outern gegen mich bekommen und habe auch 1-2 Dutzend an 1- und 2-outern verteilt. Das gehört nun mal zum Poker dazu wie das Salz zur Suppe.

Hin und wieder werde ich auch mal gefragt, ob ich nicht eine schöne erlebte Bad Beat Story parat habe und heute möchte ich die meiner Meinung nach interessantesten Partien hier mal veröffentlichen. Bei den ersten 3 Storys habe ich selbst mit am Tisch gesessen und kann dafür bürgen, dass sie sich genau so abgespielt haben.

Asiate on Tilt

Diese Partie hat sich vor über 10 Jahren in Las Vegas im Casino Mirage abgespielt. Ich sitze an einem $ 10/20 Limit Holdem Tisch, es ist Wochenende, die Action ist heiß und es wird "gezockt" auf Teufel komm' raus.
Spieler A, ein Asiate, der in der halben Stunde vor der besagten Partie bereits einige recht große Pötte jeweils mit der letzten Karte verlor, hält nun AQ von Kreuz und raised in vorderer Position. Er ist auf Semi-Tilt und hat noch etwas mehr als 200 $ vor sich liegen. Spieler B ist ein sehr solider Profi-Spieler aus Las Vegas, der täglich seine 6-8 Stunden im Mirage abreißt und dort zu den ständigen Gewinnern gehört. Er hält KK und reraised den Asiaten preflop. Spieler B hat um die 1.000 $ vor sich liegen. Der Asiate reraised abermals und nachdem Spieler B nochmals raised, called Spieler A. Der Flop bringt K33 mit 2 Kreuzen. Im $ 10/20 Spiel kann am Flop nur 10 $ gesetzt werden, aber im Live-Spiel ist es so, dass, wenn nur noch 2 Spieler in den Pott verwickelt sind, die Anzahl der Bets und Raises nicht limitiert ist und theoretisch so lange geraised werden kann, bis einem die Munition ausgeht. Da der Asiate mehr oder weniger sowieso auf Tilt ist, geschieht auch genau das und keiner der beiden hört auf bis die ganzen 200 $ von Spieler A im Pott sind. Zu diesem Zeitpunkt bin ich als Zuschauer davon ausgegangen, dass ich beim Aufdecken gleich Full Könige und einen Vierling 3er sehe und um so überraschter war ich, als der Asiate lediglich einen Flushdraw zeigt. Spieler B klatscht mit seinem Sitznachbarn bereits ab und feiert seinen Sieg, aber ihr könnt es euch denken, dass die Messe noch nicht gelesen ist und die Geschichte stünde ansonsten ja auch nicht hier. In der Tat "findet" der Croupier sowohl am Turn als auch am River die noch im Deck befindlichen zwei 3er (!) und der Asiate gewinnt mit einem Vierling 3er (dieser liegt ja nun auf dem Board) mit As Kicker! Ich habe den Gesichtsausdruck von Spieler B noch jetzt vor Augen - es war einfach zu köstlich.

Klassischer Online Bad Beat

Dieser Bad Beat ist noch gar nicht so lange her und hat sich Online abgespielt. Ich spiele ein 100 $ Sit&Go Turnier und wird sind noch mit 4 Spielern am Tisch. Platz 1 erhält 500$, Platz 2 300$ und für den 3.Platz gibt es noch 200$. Für mich sieht es schlecht aus und ich habe den mit Abstand shortesten Stack und nur noch gut 4 Big Blinds. Spieler A -er hat die zweitwenigsten Chips- sitzt UTG und raised um das 3-fache des Big Blinds und Spieler B- der Chipleader mit einem satten Vorsprung geht mit. Ich sitze im Small Blind und passe und Big Blind passt ebenfalls. Der Flop kommt K75 Rainbow. Spieler A checked und Spieler B geht nun all-in. Es kann ihm nichts passieren, denn selbst wenn er die Hand verliert ist er immer noch Chipleader. Innerhalb von nur einer Millisekunde called Spieler A und dreht ein Paar Könige für einen gefloppten Drilling um. Ich hoffe, dass Spieler B nun zumindest irgendeinen Draw (z.B. 86 oder 64) zeigt, so dass er noch eine kleine Chance hat den anderen auszuknocken und ich somit im Geld landen würde, aber meine Hoffnungen werde zunichte gemacht, als er lediglich ein mickriges Paar 2en aufdeckt. Mist, denke ich mir. Nun doppelt Spieler A nochmals auf und meine Chancen auf den 3.Platz sinken rapide. Jetzt aber kommt auch hier das
Unerwartete und der Croupier, in diesem Fall das Programm, lassen Spieler B sowohl am Turn als auch am River eine weitere 2 bekommen und Spieler A scheidet mit einem Full House Könige gegen Quads 2er aus und ich werde noch Dritter. Die Chancen für diese Sequenz (2...2) lagen übrigens bei ungefähr 1000:1

Die ultimative Bad Beat Story

1994 - wir befinden uns im Casino Binion's Horseshoe in Downtown Las Vegas und es wird 4-8 $ Limit Omaha gespielt. Zu jener Zeit war das Horseshoe neben dem Mirage eigentlich das einzige Casino, wo regelmäßig gepokert wurde und die Limit Omaha Partien dort waren wirklich legendär und äußerst beliebt. Es waren rund um die Uhr (365 Tage im Jahr!) minimum 2 Omaha-Tische am laufen und wer mal richtig zocken wollte, der kam dorthin. Die Spiele waren immer sehr wild und die Durchschnittspötte lagen damals bei ungefähr 150$. Die Runde am besagten Abend war ebenfalls sehr lebendig und es ging hoch her. 2 Spieler, die bereits reichlich im Minus waren, raisten fast jeden Pott vor dem Flop bis zum Anschlag (Cap = 4 Raises) und es waren nicht selten 7 ,8 oder ab und an auch alle Spieler mit von der Partie, die alle 20$ preflop einsetzten um einen der Riesenpötte zu ergattern. So waren auch im folgenden Spiel 8 Spieler involviert und vor dem Flop lagen bereits 160$ in der Mitte. Ich hatte JJxx und der Flop brachte J86 mit 2 Karos. Eine weitere Setzerunde begann und es kamen weitere 100 $ in die Tischmitte. Turnkarte war jetzt ein weiteres Karo (3) und die Setzorgie fing von vorn an. Bet, Raise, Reraise ....usw. und 4 Spieler (inkl. mir) legten weitere 40$ pro Person in den Pott, in dem jetzt somit bereits knapp über 400 $ lagen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt Top-Set und mußte darauf hoffen, dass sich das Board paired um eine Siegchance zu haben, denn es war offensichtlich, dass jemand, vermutlich sogar mehrere Personen, den Flush bereits fertig hatten. Mit im Pott war auch eine ältere Dame, die im Horseshoe Stammkundin war und dort nahezu täglich Omaha spielte. Ich nehme es mal vor weg.
Sie hielt AT76 mit 2 Karos (und dem Karo As!) auf der Hand und hatte zum jetzigen Zeitpunkt die absolut bestmögliche Hand. Sie brauchte bislang aber noch kein einziges Raise selbst zu setzen. Die Kamikazespieler übernahmen dies für sie. Der grüne Filz des Tisches war nach der Setzrunde am Turn bereits überhaupt nicht mehr zu sehen, da alles voll bedeckt war mit Chips. Nun dreht der Croupier die Riverkarte um und es ist ....die Pik 2. Eine absolute Blankkarte und die Nuthand der älteren Dame hält. Kamikazespieler 1 kommt allerdings mit einem weiteren Bet heraus und Kamikazespieler 2 direkt dahinter raised abermals. Die ältere Dame kann den Pott jetzt nur noch verlieren, wenn sie nicht mehr in der Lage ist, ihre Chips in die Mitte zu schieben um zu callen/raisen... und genau das passiert! Just in dem Moment, als Kamikazespieler 2 den Raise announciert, sackt die Dame in sich zusammen und fällt samt Stuhl hinten rüber....Herzinfarkt! Die Sanitäter des Hauses sind innerhalb von wenigen Minuten vor Ort, reanimieren sie auch noch vor Ort und sie wird abtransportiert ins Krankenhaus. Ihre Hand jedoch ist "dead" und kommt nicht mehr in die Wertung. Kamikazespieler 2 sackt den Monsterpott anschließend mit seinem Q high Flush ein ... was für ein Bad Beat!

Ich habe die Frau nie wieder im Horseshoe gesehen und kann auch nicht sagen, ob sie sich von dem Infarkt erholt hat oder ob sie jemals wieder Poker gespielt hat, aber alle, die sich über einen verlorenen Pott aufgrund eines 2, 3 oder 5-outers aufregen, sollten in Zukunft vielleicht mal nachdenken, ob es nicht noch wesentlich schlimmere Sachen als die gerade erlittene Niederlage gibt!

Die letzte Bad-Beat-Story hat mir ein Bekannter erzählt, der angeblich bei der Partie selbst mit am Tisch saß. Ich habe sie aber irgendwo auch schon einmal in einem Pokerbuch gelesen. Ich kann nicht dafür bürgen, ob sie sich tatsächlich exakt so abgespielt hat oder ob sie evtl. sogar frei erfunden ist, aber wie auch immer...ich finde sie so gut, dass es auch überhaupt keinen Unterschied macht. Die Geschichte hat sich folgendermaßen zugetragen:

Schauplatz Las Vegas (wo sonst ;-) Gespielt wird 5/10 NL Holdem im Bellagio.

Spieler 1 raised in vorderer Position auf 40 $. Er hat knapp 500 $ vor sich. Spieler 2 in mittlerer Position reraised auf 110 $. Er hat ca. 1.100 $ am Tisch. Im Small Blind sitzt der Spieler, von dem ich die Geschichte gehört habe, und er hält ein Paar Zehner. Er gibt zumindest einem der Gegner ein Overpair und obwohl er sehr gern den Flop sehen würde, legt er schweren Herzens seine Hand weg und passt nach einiger Bedenkzeit. Spieler 1 überlegt nun ein bißchen und geht anschließend "over the top" all-in. Spieler 2 called innerhalb einer Millisekunde und deckt parallel mit dem Call ein Paar Asse auf und stößt ein lautes "YES" raus. Im Cashgame müssen nicht alle Personen, die all-in sind, ihre Karten zeigen und Spieler 1 hält seine Karten daher zunächst verdeckt an sich.

Der Flop wird aufgedeckt - 832 rainbow - und die Miene von Spieler 1 bleibt weiter pessimistisch. Turnkarte ist eine offsuit 4 und ebenfalls keine Regung bei Spieler 1. Als der Dealer die Riverkarte aufdeckt (einen J - Spieler 1 scheint mit seinem Pocketpair wieder nicht getroffen zu haben) und den Rest seines Decks zu den gemuckten Karten legt, fällt gleich mehreren am Tisch sitzenden Spielern auf, dass der Croupier vor der Riverkarte keine Karte "gebrannt" hatte. Also nimmt der Coupier die auf dem Tisch befindlichen Karten wieder auf, mischt sie nochmals durch, hebt ab und deckt eine neue Riverkarte auf. Und ....vielleicht könnt ihr es euch denken? Es ist eine Zehn und im gleichen Moment knallt Spieler 1 seine Pocket Zehner auf den Tisch und schreit: "Ship it - I never lose on pocket tens"!

Wie in etwa würdet ihr die Chance einschätzen, dass er die Hand noch gewinnt? Einzige Option zum Sieg für ihn war, dass der Dealer ein Fehler begehen würde und die toten Karten der anderen Mitspieler wieder mit ins Deck kommen würden und dann müsste er auch noch einer der beiden Zehner "finden". Da er einer der besseren Croupiers war und dies ihm pro Jahr vielleicht nur 1 oder 2 mal passiert, würde ich die Chancen auf diesen Ausgang bei ca. 500.000:1 einschätzen...lol.

Sachen gibt's ...die gibt's gar nicht!

In diesem Sinne allen ein gutes Blatt und möglichst wenig bad beats

Gruss

Martin

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