Mittwoch, April 22, 2015

Potti ist nicht abergläubisch


Jetzt mal Hand aufs Herz! Seid ihr abergläubisch? Bereitet euch ein anstehender Freitag, der 13., bereits im Vorfeld Magenschmerzen und seltsame sowie schwer zu beschreibende Gefühle? Bekommt ihr ein ungutes Gefühl, wenn eine schwarze Katze euren Weg von links nach rechts (oder rechts nach links) kreuzt? Oder könnt ihr partout nicht unter eine stehende Leiter hindurch gehen, weil es Pech und Unheil bringt? Oder andersherum…spürt ihr massive Glücksgefühle, wenn ihr irgendwo Scherben klirren hört oder ein 4-blättriges Kleeblatt findet?

An mir prallt dieser ganze Mental-Hokuspokus komplett ab! Die Zahl 13 ist eher eine Glückszahl. Bin ja auch an einem 13. geboren und mein Bruder gar an einem Freitag, den 13. Zu Hause hatten wir damals jahrelang eine schwarze Katze, die quasi jeden einzelnen Tag unsere Wege von allen Seiten her gekreuzt hat. Scherben hingegen bedeuten bei mir in der Regel nichts Gutes, denn meist ist irgendwo etwas kaputt gegangen und man muss aufpassen, wo man hintritt. Und nach Kleeblättern suche ich erst gar nicht. Wenn mich also jemand fragt, ob ich abergläubisch bin, ist meine klare und bestimmte Antwort: „Nein“!

Wenn ich jedoch etwas genauer darüber nachdenke, so ist das vielleicht doch nicht so ganz korrekt und mir fällt ein Verhaltensmuster aus alten Las Vegas-Zeiten ein, dass ich mir über die Jahre angeeignet habe. Eigentlich wollte ich diese Geschichte auf Lebenszeit für mich behalten und ich hätte eigentlich auch einen größeren Betrag darauf verwettet, dass ich diese Story zumindest nie öffentlich in irgendeinem Blog poste…weil sie schlicht und einfach peinlich ist! Aber da ich hier ja eh schon mein halbes Leben mit euch teile, kann ich diese Episode ruhig auch erzählen.


Mein zweites Zu Hause in Las Vegas...das Mirage

Wer von euch schon einmal in Las Vegas war, der kennt sicherlich auch das Mirage Hotel & Casino. Es ist direkt am berühmten Strip gelegen und war zumindest Anfang der 90er Jahre das modernste und angesagteste Casino am Ort. Für mich war es damals wie ein zweites Zuhause, denn vernünftig Pokern konnte man damals eigentlich nur Downtown in Binions Horseshoe oder eben halt im Mirage. Wenn man vom Strip aus in das Mirage wollte, dann wurde man über eine Art Rollband transportiert. So wie man es von Flughäfen her kennt, wenn man zwischen den Gates verkehrt. Es ging leicht bergauf und man wurde im langsamen Tempo mitten durch einen künstlich angelegten See geführt. Ich war jetzt zwar schon etliche Jahre nicht mehr in Vegas, aber ich gehe mal davon aus, dass dies auch heute noch so ist.

Auf der rechten Seite innerhalb des Sees ist ein Vulkan angelegt, der in bestimmten Abständen anfängt zu brodeln um dann im 15 bzw. 30 Minuten-Takt Feuer zu speien und die Lava hoch in die Luft zu schleudern. Ein Spektakel für die Zuschauer. Diese Zubringerfahrt durch die Lagunenlandschaft habe ich im Laufe der Jahre sicherlich einige Hundert Male unternommen. Während des Transports wurde man über Lautsprecher von einer sonoren Stimme über die Entstehungsgeschichte des Resorts und sonstiges Wissenswerte informiert. Diesen Text konnte ich mit der Zeit übrigens nicht nur 1 zu 1 im Original mitsprechen, sondern hatte auch das exakte Sprechtempo des Bandtextes drauf, so dass ich den einen oder anderen Freund, der mich während der Zeit besuchte, damit imponieren … oder auch nerven konnte.

Wenn die Touristen über das Laufband in das Mirage fuhren, dann schmissen sie Coins nach links oder rechts in den See. Es sollte Glück bringen! Und wenn nicht auf dem Weg ins Casino…wann dann? Eine nette Nebeneinnahme für das Casino, dachte ich mir sehr häufig. Ich bin mir sicher, dass jeden Monat ein netter 4-stelliger Dollarbetrag nur an Coins am Boden des Sees lag. Als ich irgendwann an einem Wochenende inmitten der Touristenmenge mal wieder hochfuhr ins Casino und die Coins einmal mehr links und rechts sehr tief flogen, kam es irgendwie über mich und ich schaute in meiner Tasche nach, ob ich nicht auch noch einen Quarter (25 Cent) übrig hatte, mit dem ich mein Glück ein wenig forcieren konnte. Immerhin hatte ich abermals ein paar Losing-Sessions in Folge gebucht und ich musste schleunigst etwas ändern! Ich fand einen Quarter und schmiss ihn in die linke Seehälfte. Das Geldstück landete kurz vor einem Felsen ca. 6-7 Meter vom Rollband entfernt. Jetzt konnte oder sollte also nichts mehr schiefgehen. Und in der Tat hatte ich an diesem Abend einen tierischen Lauf am Pokertisch. Die Karten fielen, wie ich sie brauchte und ich beendete nicht nur meine Negativserie, sondern konnte für meine Verhältnisse auch einen sehr hohen Gewinn erzielen. Das war also die Rätsels Lösung…und natürlich hatte ich dann auch am darauffolgenden Abend einen Quarter in der Hosentasche parat, als ich mich auf dem Weg zur Arbeit begab. An der etwa gleichen Stelle vom Rollband feuerte ich diesen abermals in die linke Seeseite.

An diesem Abend jedoch blieb mir das Glück am Pokertisch fern und als ich abends im Bett lag, grübelte ich noch ein wenig, ob es vielleicht einfach nur Pech war, meine Pokerkünste vielleicht einfach nicht ausreichten oder ob ich mit dem Coin vielleicht etwas falsch gemacht hatte.
Und da fiel es mir wie Schuppen aus den Augen! Ich hatte den Coin dieses Mal einfach nur planlos in den Teich geschmissen. Tags zuvor jedoch war er kurz vor dem Felsen gelandet und das musste wohl exakt die Wasserstelle sein, die mir den Weg zum Pokerglück ebnete. Am Tag darauf nahm ich zur Sicherheit mehrere Coins mit für den Fall, dass es mit dem ersten Wurf nicht gleich klappte und ich das anvisierte Ziel verfehlen sollte. Gleich der zweite Versuch funktionierte und der Quarter landete punktgenau im Zielbereich. Und wie von einer überirdischen Macht gesteuert landete ich an diesem Abend erneut ein nettes Ergebnis während meiner Session.

 In den Wochen darauf entstand daraus ein regelrechtes Ritual. Ich ging nicht aus meinem Apartment ohne sicherzustellen, dass ich nicht einige Quarter in der Tasche hatte um den Abend mit einem Gewinn abzuschließen. Mit der Zeit entwickelte ich eine recht hohe Präzision bei meinen Würfen und geschätzte 80% der Schüsse landeten im Zielbereich, den ich mit der Zeit immer enger schürte. 25 x 25 Zentimeter Radius…nur in diesem Bereich durfte das Geldstück landen, wenn ich abends keinen Verlust erleiden wollte. Und es funktionierte! Ich baute eine Serie von knapp 30 Gewinntagen in Folge auf. An den Wochenenden, wenn das Rollband quasi mit Touristen überquoll, kam es hin und wieder zu kuriosen Situationen. Dann nämlich, wenn mein erster Versuch das Zielgebiet nicht erreichte, ich aber auf dem Rollband schlicht und einfach nicht zurückgehen konnte, weil es zu voll war an Menschen und es kein Durchkommen gab. Dann fuhr ich bis zum Ende durch, machte mich zu Fuß wieder zurück zum Strip um ein zweites Mal mit dem Rollband hochzufahren. Ich entsinne mich auch noch an eine Situation, als ich gar einen dritten Versuch benötigte, bis der Quarter endlich im nur mir allein bekannten Radius landete und ich somit endlich den Pokerraum betreten konnte. Falls mich an dem Tag durch Zufall irgendjemand beobachtet haben sollte, dann muss der unter Garantie auch gedacht haben, dass ich ein Ei am Kreisen habe!

Nun…irgendwann brach diese Serie, obwohl ich den Quarter punktgenau versenkt hatte. Es muss wohl doch noch andere Mächte geben, die das Ergebnis am Pokertisch beeinflussen. Dennoch aber habe ich dieses Ritual immer beibehalten, wenn ich ins Mirage zum Pokern ging. Über die Jahre habe ich mit Sicherheit an die 200$ in den See gefeuert und mein damaliger Poker-Mentor wird vermutlich vom Glauben abfallen, wenn er diese (für ihn neue!) Geschichte liest. Und wenn ich in diesem Sommer nach 9 Jahren Las Vegas-Pause zum ersten Male wieder vor Ort bin, dann bin ich jetzt schon gespannt, ob mein Wurf noch sitzt. Und ihr könnt euch absolut sicher sein, dass ich mit ein paar Geldstücken bewaffnet sein werde, wenn es über das Rollband geht! 

Sonntag, April 05, 2015

You only live twice

Heute gibt es mal keinen Blog aus alten Las Vegas-Zeiten, sondern ganz aktuell und zur Abwechslung einen Erlebnisbericht meiner Rückreise vom vergangen Sonntag aus München. Es wurde ein Rückflug, den sehr wahrscheinlich nicht nur ich, sondern auch alle anderes Passagiere des Lufthansa Fluges mit der Nummer 2180 von München nach Paderborn so schnell nicht vergessen werden.
Und der Titel des Blogeintrages, der eigentlich und ursprünglich in der letzten Woche bei einem Pokerturnier in Malta durch kuriose Umstände beim Kommentieren entstanden ist, hat auf einmal eine ganz neue Bedeutung! Das Pokervideo mit dem Bezug zur Überschrift findet ihr übrigens hier: https://www.youtube.com/watch?v=Rl6PcCSrotY

Es fing alles ganz normal an. Mit ein paar Minuten Verspätung startete der Flieger Richtung Heimat. Da ich total müde war, bin ich auch direkt nach dem Abheben eingepennt. Aufgewacht bin ich, als über Bordlausprecher die Durchsage des Kapitäns kam, dass er nun die Flughöhe verlassen würde um in den Landeanflug zu gehen. Ich war irgendwie noch sehr groggy, bekam aber dennoch mit, dass es draußen recht unruhig und windig war. Zumindest rüttelte es mich ganz schön durch. Ich war aber dennoch darauf eingestellt, dass der Bomber in 2-3 Minuten aufsetzen würde und ich dann schnell zu Hause sein würde. Dies sollte allerdings ein Trugschluss sein! Es sollte ein noch recht aufregender und langer Abend werden.
Ich kann gar nicht genau sagen, wie viele Meter wir über dem Boden waren, als es mich auf einmal in den Sitz presste und die Flugmotoren aufheulten. Der Kapitän hatte die Maschine kurz vor dem Aufsetzen nach oben gerissen. Es war ein seltsames, vermutlich weil auch ungewohntes Gefühl. Ich habe bereits recht viele Flüge hinter mir, aber es war das erste Mal in all den Jahren, dass eine Landung abgebrochen wurde. Kurze Zeit später dann die Durchsage des Piloten: „Da es draußen aktuell recht windig ist, musste ich die Landung abbrechen. Wir drehen noch eine Runde über dem Flughafen und versuchen es dann nochmals“.
Wie ich im Nachhinein erfuhr, hatte der Pilot mit seiner Aussage “recht windig“ mal gewaltig untertrieben. Vermutlich um keine Panik zu erzeugen an Bord. Es herrschte nämlich ein regelrechter Orkan draußen! Einige Bekannte von mir, die zu jener Zeit am 29.3. abends mit dem Auto unterwegs waren, berichteten, dass sie massive Probleme hatten ihr Auto selbst bei geringer Geschwindigkeit überhaupt auf der Straße zu halten. Etliche haben dies im Übrigen auch nicht geschafft und es hat an dem Abend sehr viele Unfälle, leider gar auch Tote gegeben.

Beim zweiten Landeversuch konnte ich bereits eine recht angespannte Atmosphäre unter den Passagieren an Bord spüren. Mittlerweile war es gefühlt auch noch wesentlich stürmischer draußen und wir wurden mal richtig durchgerüttelt in der Luft. Beim Blick nach draußen (ich saß übrigens am Notausgang und hatte einen guten Blick auf die Tragflächen) bemerkte ich, dass die Flügel ziemlich stark nach oben bzw. unten flatterten. Wiederum kurz vor den Landung dann das gleiche Szenario wie beim ersten Versuch. Ich wurde abermals in den Sitz gepresst und die Motoren heulten auf. Dieses Mal kam es mir noch intensiver vor wie bei Versuch Nummer 1. Eine leichte Unruhe an Bord machte sich breit und in etlichen Gesichtern sah ich große Sorgen.

Der direkte Platz neben mir war frei, aber auf der anderen Notausgangseite saß ein Mann, mit dem ich dann in Gespräch kam. Er teilte mir mit, dass er bereits unheimlich viele Flüge auf dem Buckel habe und bei ähnlichem Sturm auch schon gelandet sei. Allerdings auch schon mal bei einer Art Bruchlandung dabei gewesen wäre. Da gerade ein paar Tage vorher eine Maschine von Germanwings abgestürzt ist, ging er davon aus, dass der Pilot eine weitere schlechte Nachricht für die Fluggesellschaft nun sicher vermeiden wollte (Bruchlandung) und daher auf Nummer sicher gegangen sei und den Bomber daher wieder hochgezogen habe. Kurze Zeit später meldete sich dann der Pilot über das Bordmikrofon: „Aufgrund des Sturms kommt eine Landung in Paderborn derzeit nicht in Frage. Auch auf den in der Nähe gelegenen Flughäfen Dortmund, Düsseldorf, Münster oder Hannover ist derzeit keine Landung möglich und er fliege deshalb jetzt wieder zurück nach München!“
„Scheiße“, dachte ich mir . Einerseits wollte ich zwar nach Hause und eine weitere Nacht in München brachte meine Planungen schon ein wenig durcheinander, aber andererseits wollte ich jetzt auch irgendwie nur nach unten…egal wo!

Viele Fragen kamen auf an Bord: Ist es in München ggf. auch so stürmisch, so dass eine Landung ausgeschlossen bzw. gefährlich ist? Wie viel Sprit ist getankt worden? Wo landen wir, wenn es in München nicht möglich ist?
Viele der Passagiere wurden jetzt sehr unruhig. Ich spürte eine gewaltige Angst bei den meisten und wie mir später dann einige der Leidensgenossen mitteilten, hatten sie nicht nur heftige Todesangst, sondern teilweise auch bereits mit dem Leben abgeschlossen! Kein Scherz!
Völlig entspannt war ich zwar auch nicht mehr, aber irgendwie hatte ich schon das Gefühl, dass alles gut ausgehen würde. Ich ließ mich durch die leichte Panik kurioserweise auch überhaupt nicht anstecken. Auch mein Partner auf der anderen Seite des Notausgangs blieb total locker. Aber irgendwie waren wir beiden die einzigen im ganzen Flieger, die noch einigermaßen entspannt waren. Selbst die Stewardessen schienen von der Hektik und Ungewissheit ein wenig angesteckt. Zur Sicherheit las ich mir zum ersten Male die Beschreibungen zum Öffnen der Notausgangstür exakt und bis auf kleinste Detail durch. Könnte ja sehr gut sein, dass wir aufgrund des Sturms über das Ziel hinausschießen würden oder mit dem Flügel den Boden berühren. Und dann würde ggf. ein schnelles, zielsicheres und verantwortungsbewusstes Handeln meinerseits gefordert sein.

Als es in München dann zum Landeanflug ging, war es ebenfalls überaus wackelig, wenngleich auch nicht arg so schlimm wie in Paderborn. Zwei Reihen vor mir konnte ich ein Pärchen beobachten, die sich mit der einen Hand aufgrund des Schüttelns am Sitz festhielten, während die andere Hand zielsicher den Weg zur Hand des Partners fand. Sie sahen sich an und ich konnte in ihren Augen sehen, was sie sich sagten, ohne es allerdings auszusprechen: „Ich liebe dich und es war sehr schön mit dir…egal was jetzt auch passiert“.

Volles Vertrauen in die beste Fluglinie der Welt

Nun…die Landung in München funktionierte einwandfrei. Sonst würde ich diese Zeilen ja auch nicht schreiben. Bereits während des Bustransfers zum Terminal bekamen alle Passagiere eine SMS, wie es weitergehen würde. Manche bekamen eine Umbuchung für den nächsten Morgen, andere für den Mittag. Wir wurden aufgefordert den Informationsschalter aufzusuchen um weitere Anweisungen und den Hotel-Voucher für die Übernachtung entgegen zu nehmen.
So…wer jetzt denkt, dass besagter Abend dann ruhig ausgeklungen ist, der hat sich getäuscht. Das war nämlich erst Halbzeit eins und es sollte noch längst nicht vorbei sein!

Auf dem Weg zum Informationsschalter wurde unsere Gruppe von Lufthansa-Mitarbeitern gestoppt und man teilte uns mit, dass an Gate 27 die Spätmaschine von München nach Paderborn warten würde. Und zwar für diejenigen, die noch nicht restlos bedient waren! Ich schätze, dass auf unserem Flug ca. 100 Passagiere waren. 70 davon zeigten keinerlei Interesse an diesem Abend nochmalig in ein Flugzeug zu steigen und gingen weiter Richtung Informationsschalter um den erlebten Schock erst einmal zu verdauen. Mit der kleineren Gruppe von ca. 30 Personen machte ich mich auf Richtung Gate 27. Dort stießen wir auf die Passagiere, die für den Spätflug nach Paderborn gebucht hatten. Es kam Hektik auf. Die Passagiere fragten uns, wie schlimm es gewesen sei. Und alle fragten natürlich die LH-Mitarbeiter, ob der Sturm über Paderborn denn jetzt ein wenig abgeklungen sei und wie hoch die Chancen für eine Landung stünden. Der Mitarbeiter versuchte alle Fragen, die von rechts und links auf ihn einprasselten, möglichst ruhig zu beantworten. Aber auch er ließ sich ein wenig durch die aufgekommene Hektik anstecken.
Nun versuchte ich die allgemeine Anspannung ein wenig zu lockern und brachte die Frage, die wirklich (ich schwöre es!) absolut nur zum Spaß gemeint war: „Wie sieht es denn mit den Meilen aus? Bekomme ich diese für alle Hin- und Rückflüge auf mein Meilenkonto gut geschrieben?“ Oh Mann, diese Frage hätte ich besser nicht stellen sollen. Falscher Zeitpunkt, falsche Frage. Nicht nur der LH-Mitarbeiter, sondern auch alle anderen Passagiere schauten mich sehr grimmig, teilweise gar verachtend und wütend an.
Der Lufthansa-Mitarbeiter teilte nun mit, dass es mittlerweile ein wenig ruhiger in/über Paderborn sei, er aber immer noch keine Garantie geben könne, dass die Maschine bei den derzeitigen Windverhältnissen (30-35 Knoten) landen könne. Bei unseren ersten beiden Landeversuchen waren es lt. seiner Aussage übrigens knapp über 60 Knoten. Die Chancen stünden in etwa 50/50. Da nun etliche der für den Spätflug gebuchten Passagiere einen Rückzieher machten und ihre Reise cancelten, bekamen alle, die es nochmalig probieren wollten, ihren Platz auf der Maschine. Eine junge Frau aus Gütersloh, mit der ich am Schalter ins Gespräch kam, war sich noch nicht ganz sicher, ob die es wagen solle oder nicht. Sie habe zwar generell keine Angst vor dem Fliegen, aber bei heftigen Turbulenzen bekäme sie schnell Panik und Atemnot. Sie war hin- und her gerissen und irgendwie überredete ich sie dann mit zu fliegen. „OK“, sagte sie und während sie sich die Bordkarte erstellen ließ, fragte sie den LH-Mitarbeiter, ob der junge nette Mann (sie zeigte auf mich…Danke an dieser Stelle für das “jung“) denn neben ihr sitzen und ihr während des Fluges die Hand halten könne, falls es Turbulenzen gibt. „Ja, kein Problem“, sagten die LH-Angestellten, stellten dabei jedoch fest, dass die junge Dame in der Business-Class gebucht war, während ich ein normales Holzklassenticket hatte. Aber das Problem war schnell gelöst und ich wurde aus Kulanz upgegradet. Nun saß ich mit Simone (Name geändert) in Reihe 1 und bekam bereits kurz nach dem Start nicht nur ein leckeres Glas Rotwein serviert, sondern auch eine große Portion Antipasta. Passte ganz gut, denn mittlerweile hatte ich auch gut Hunger.

Das war der angenehme Teil des Fluges. Jetzt aber überschlugen sich die Ereignisse. Denn oben in Luft ging es nun los mit Turbulenzen! Es waren keine massiven Turbulenzen und ich hatte es schon mehrfach wesentlich schlimmer miterlebt. Aber für meine Sitznachbarin war es einfach too much. Sie bekam Todesangst. Ihre Hand bohrte sich immer tiefer in meine Hand. Mit der anderen Hand kramte sie in ihrer Handtasche und holte ein Spray raus, was sie sich unter die Zunge sprühte. Sie sagte, dass sie keine Luft mehr bekomme. Sie rief nach der Stewardess und fragte, ob sie Sauerstoff für sie habe. Die Stewardess versuchte Simone zu beruhigen, aber es gelang ihr nicht. Ich hatte das Gefühl, dass die junge Dame neben mir jeden Moment zusammenklappt. Und dann hätten wir nur hoffen können, dass wir angesichts der immer noch andauernden Turbulenzen einen Arzt an Bord hätten, der trotz des Wackelns in der Lage gewesen wäre, die passenden Notmaßnahmen einzuleiten. Gott sei Dank hörten die Turbulenzen dann kurze Zeit später auf und auch Simone erholte sich ein klein wenig. Ich versuchte permanent sie zu beruhigen und sagte ihr, dass wir gleich alles geschafft hätten. Dass ich selbst gewaltig Ehrfurcht und jetzt zugegebenermaßen auch ein wenig Schiss hatte vor der Ansage, dass wir nun die Landung in Angriff nehmen würden, verschwieg ich besser.
Dann die gewohnte Ansage des Kapitäns: „Wir verlassen nun unsere Flughöhe und nehmen die Landung in Angriff. Es ist immer noch recht stürmisch in Paderborn und falls eine Landung nicht möglich sei, dann ist Münster-Osnabrück unser Ausweichflughafen“.

Nun, jetzt machen wir es mal kurz und undramatisch. Es war zwar weiterhin recht stürmisch in der Luft und mit einem normalen Landeanflug (bei Windstille) absolut nicht vergleichbar, aber der Pilot setzte eine blitzsaubere Landung auf die Piste und zum ersten Mal erlebte ich es, dass bei einem Linienflug mit Herz und Leidenschaft geklatscht wurde. Wenn die Leute nicht angeschnallt gewesen wären, hätte es vielleicht sogar eine Standing Ovation gegeben. Ich war wieder in der Heimat! Die Tatsache, dass mein Koffer aufgrund der kurzfristigen Umbuchung nicht den Weg nach Paderborn schaffte, wäre eigentlich nicht so schlimm gewesen. Aber passend zur ganzen Rückreise, hatte ich (Vollidiot) natürlich auch meinen Haustürschlüssel im Koffer! Aber auch dieses Problem konnte gelöst werden und ich nistete mich kurzer Hand bei einer Bekannten für eine Nacht ein. Mein Koffer wurde am nächsten Mittag unversehrt nachgereicht.

Ich weiß nicht, aber seit diesem Abend habe ich irgendwie eine andere und auch lockere Einstellung zum Leben und genieße die Momente etwas intensiver. Frei nach dem Motto: “You only live twice“. Ich höre mir den Song doch gleich nochmals an…lol
https://www.youtube.com/watch?v=Rl6PcCSrotY

Allen ein paar schöne Ostertage!

Darf ich dich was fragen?

▪  Hi Potti, wie geht es dir? ▪  Hallo Herr Pott, Sie kennen sich doch in der Pokerszene ganz gut aus. ▪ Potti, d arf ich dich was fragen? ...