Montag morgen geht es endlich los nach Monte Carlo zur Backgammon-WM. Erst mit der Bahn nach Düsseldorf, dann mit Air Berlin nach Nizza und dann weiter mit dem Bus nach Monte Carlo. Wenn alles glatt läuft, bin ich kurz nach 13.oo Uhr im Hotel Fairmont und dann wohl gegen 13.30 Uhr am Pool. Die Temperaturen an der Cote d'Azur habe ich auch schon überprüft und sie liegen derzeit bei knapp unter 30 °C - bei dunkelblauem Himmel! Zockerherz - was willst du mehr? Die Woche wird aber auf jeden Fall schweineteuer!
Flug: 300,-€. Hier habe ich einfach gepennt frühzeitig zu buchen. Wußte doch seit langem, dass ich dorthin fliege, aber gebucht habe ich dann erst letzte Woche. Anstatt 100,- € zahle ich nun 300,-€... einfach nur blöd!
Hotel: hm, hm....1.600,- €. Irgendwie spekuliere ich noch ein bißchen darauf einen Journalistenrabatt zu bekommen; muss ich vor Ort abklären.
Turnierteilnahmegebühr: 1.165 €
Taschengeld: ~ 300,- €
Die Woche wird also summa summarum grob 3.500,- € kosten und so bin ich in den letzten Tagen auch etliche Male gefragt worden, wieso ich das mache und das Geld nicht einfach vernünftig an die Seite packe oder mir alternativ einen 3-wöchigen Luxusurlaub ...was weiß ich wo...inkl. weiblicher Gesellschaft gönne? Oder zum Beispiel in ein neues Auto investiere, da meines gerade dabei ist den Geist aufzugeben!
Die Antworten hierauf:
1. Weil ich Bock drauf habe. Der Trip im letzten Jahr hat mir sehr gut gefallen.
2. Die Kosten sind zwar schon recht happig für eine Woche, aber es ist nicht so, dass ich in den Wochen danach nur noch Wasser und Brot zu mir nehmen muss. Und angesichts der hohen Inflationsrate hierzulande ist es vermutlich mittlerweile eh sinnvoller, wenn man die Kohle schnell auf den Kopf haut, da sie in einem halben Jahr sowieso nur noch die Hälfte wert ist.
3. Ich liebe Backgammon. Spiele zwar schon seit etwa 20 Jahren, aber so richtig intensiv mit Dopplerwürfel und Trainingssoftware erst seit knapp 2 Jahren. Und erst seit dieser Zeit habe ich a) bemerkt, wie geil dieses Brettspiel ist und b) wie komplex es zugleich auch ist. Je intensiver du dich mit der Backgammon-Theorie auseinandersetzt, desto mehr stellst du fest, wie unheimlich schwer es eigentlich auch ist. Und ich habe die feste Absicht, mich in diesem Spiel stetig weiter zu verbessern und das geht nun mal nicht nur mit Theorie, sondern es gehört auch eine Menge Praxis dazu und wo kann man hier mehr Erfahrungen sammeln und schneller dazulernen als bei den Weltmeisterschaften?
4. Ich schreibe zudem einen kurzen Turnier- und Reisebericht für eine größere Pokerzeitschrift hierüber. Bringt zwar nur einen Bruchteil der Kosten ein, aber immerhin.
Meine Chancen
Nun, prinzipiell bin ich zwar Berufsoptimist, aber hier schätze ich meine Chancen doch relativ dünn ein. Ca. 80% der Teilnehmer sind mir schlicht und einfach überlegen und bei den restlichen 20% ist es in etwa ausgeglichen bzw. bei dem einen oder anderen Gegner werde ich sogar leichter Favorit sein. Man muss aber ergänzen, dass in den Runden "nur" Matches auf 17 (die ersten beiden Runden) bis hin zu 25 (Endspiel) Punkten gespielt werden und bei so "kurzen" Matches der Glücksfaktor dann doch eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird. In den letzten Jahren hat es auch fast durch die Bank Überraschungsergebnisse und -sieger gegeben. Hey...wieso nicht auch in diesem Jahr?
In Zahlen ausgedrückt
Gegen etwa 80% des Feldes bin ich ca. 40/60 Außenseiter. Gegen die absoluten Topspieler vielleicht sogar 25/75, gegen andere vielleicht nur 45/55.
Gegen etwa 15% des Feldes bin ich ca. 50/50. Hier entscheidet einfach die Tagesform bzw. das Würfelglück.
Gegen etwa 5% des Feldes werde ich vermutlich leichter Favorit sein. In etwa 55/45.
Das macht zusammen auf alle Matches kombiniert eine Gewinnquote pro Match von etwas mehr als 42%. Am Turnier teilnehmen werden in etwa 220-240 Personen. Es wird also in einem 256er Feld/Bracket gespielt. Um ins Preisgeld zu kommen, musst du 5 Runden/Matches gewinnen. Wenn alle Spieler exakt gleich stark wären und der Sieger z.B. durch Losentscheid bestimmt würde, ergäbe dies eine Chance von 3.1% pro Teilnehmer ins Geld zu kommen.
Gehen wir jetzt aber nicht von den 50% Siegchancen pro Match aus, sondern von meinen für mich errechneten 42%, dann wäre es nicht mehr eine 3.1% Chance ins Geld zu kommen, sondern lediglich eine 1.3%ige Chance. Hört sich zwar nicht gut an, ist aber ganz gewiß nicht aussichtlos.
Um nicht nur ins Preisgeld zu kommen, sondern tatsächlich auch Weltmeister zu werden, muss man bereits 8 Matches gewinnen. Bei absoluter Ausgeglichenheit der Spielerqualität ergäbe dies eine Chance von 0.5^8 = 1/256 = 0.39% pro Spieler. Bezogen auf meine Equity von 42% pro Match wären dies dann in etwa 1/1000 = 0.10%. Ziemlich dünn, aber ich habe beim Online-Poker schon Vorfälle gesehen und leider auch am eigenen Leibe miterleben müssen, wo die Chancen für den Sieg weit, weit schlechter standen und trotzdem noch der Außenseiter die Hand gewonnen hat. Man muss nur dran glauben!
Strategie
Die ist relativ simple. Gegen in etwa gleichwertige Gegner werde ich schlicht und einfach solides Backgammon spielen und stets versuchen die mathematisch korrekte Entscheidung zu treffen. Sowohl beim Checkerplay als auch beim Doppler. Letztes Jahr bei meiner ersten Teilnahme war ich zugegebenermaßen schon recht nervös und auch ein bißchen unerfahren, aber ich habe ein wenig dazugelernt und werde dieses neue Wissen sowie die gesammelten Erfahrungen dieses Jahr mit einbringen. Die Form scheint nach Abschluss der letzten Trainingsmatches auf jeden Fall zu stimmen. Zudem werde ich versuchen dieses Jahr auch den einen oder anderen "kleinen Psychotrick" bei engen Matches anzuwenden. Dazu vielleicht später mehr...da wird jetzt noch nichts verraten.
Gegen die "Großen" ist meine Strategie ebenfalls klar ausgelegt. Je länger die Matches dauern und je komplizierter die Stellungen werden, desto geringer meine Chancen, da ich mehr Fehler als meine Gegner einstreue und dafür dann teuer bezahlen muss. Ich werde also versuchen die Matches klar & transparent zu gestalten. Keine forcierten Backgames oder so. Zudem werde ich natürlich auch das Risiko in engen Matches erhöhen. Ich werde Doppler annehmen, bei denen der Spielverlauf von 1-2 Würfen abhängt und werde die Doppler dann auch schnell wieder zurückgeben um ggfs. bzw. im Optimalfall gleich in einem Match 4 oder 8 Punkte abzukassieren. Je risikoreicher ich spiele, desto eher kann ich gegen diese "Überspieler" bestehen. Für den Laien zur Erklärung: Es gibt einige Backgammon-Profis, die spielen stundenlang jeweils den mathematisch (von einem Computer errechnet) besten Zug! Die schauen einmal aufs Brett und sagen dir dann, was der beste Zug ist. Man muss ergänzen, dass die Unterschiede zwischen 2 oder 3 in etwa gleichstarken Zügen oftmals nur bei einem Zehntelprozentpunkt liegen! Das sind Genies! Und wie will ich gegen diese Genies gewinnen, wenn ich gegen sie nicht zocke?! Mit dieser Methode (ich nenne sie mal Risikomaximalerhöhung) habe ich bei einigen Turnieren bereits den einen oder anderen richtig guten Backgammonspieler vernichtend geschlagen. Ich kann zwar genauso mit Pauken und Trompeten untergehen, aber im Normalfall würde ich gegen den Spieler ja eh verlieren und da macht es nichts aus, ob ich ein enges Match 17:14 verliere oder sang und klanglos 17:1.
WSOP
Die Tage 1a und 1b sind absolviert. Von meinen Bekannten haben etliche den Tag überstanden. So Haward Speer (55.000 Chips), Johannes Strassmann (50.000), Andreas "Randy" Mertens (42.000), Jan Heitmann (41.000) und Sven Rumcker (31.500).
Bei Johannes habe ich 1% Beteiligung (dafür er bei mir in Monte Carlo 8%) und es wäre natürlich riesig, wenn er es möglichst weit schaffen würde. Das zeug dazu hat er.
Haward, den ich dieses Jahr in Kopenhagen kennengelernt habe, ist ebenfalls ein Riesentyp und ein erstklassiger Spieler. Auch ihm sowie natürlich auch Jan Heitmann traue ich zu richtig weit zu kommen.
Andreas "Randy" Mertens ist unter einem Glücksstern geboren. Letztes Jahr hat er auf den Bahamas das größte Backgammon-Turnier gewonnen, was jemals stattgefunden hat und hierfür 600.000 $ einkassiert, obwohl er 2 Jahre lang vorher kein einziges Match gespielt hat. Unglaublich! Auch in Bad Oeynhausen beim Pokern habe ich schon mehrere Male 2-, 3- und 4-Outer gegen ihn "kassiert". Er stellt die Chips rein, als wäre es ein Coinflip. Ist es vermutlich auch für ihn bei einem 3-Outer. Wenn er in Las Vegas nur annähernd so viel Sahne hat wie in den letzten 1-2 Jahren bei allem was er angepackt hat, dann ist er eine sichere Bank für den Final Table! Man muss aber fairerweise auch dazusagen, dass er ein verdammt guter Spieler ist. Er spielt nicht nur ganz ausgezeichnet Backgammon (Weltklasse!), sondern auch beim Poker möchtest du einen wie ihn nicht unbedingt an deinem Tisch sitzen haben.
Sven Rumcker kann ich pokertechnisch nicht einschätzen, aber ich weiß, dass er ein Super-Backgammonspieler ist, der es dieses Jahr eben vorgezogen hat nach Las Vegas anstatt nach Monte Carlo zu fliegen. Hoffentlich zahlt sich diese Entscheidung für ihn aus.
Benjamin Kang (ebenfalls 1%) und Katja sind leider schon ausgeschieden...mit richtig heftigen Bad Beats. Am Tag 1d startet dann mit George Danzer mein 3.Pferdchen. Er ist einfach mal "dran" und dieses Jahr wird er für Furore sorgen...sagt mein Bauchgefühl.
Drückt mir die Daumen!
Ciao
Potti
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